Weihnachten – und dann?
Ich möchte einige Gedanken mit euch teilen, die mich in diesen Tagen beschäftigen.
Vor einiger Zeit haben wir Weihnachten gefeiert; ein Fest, das uns nicht eine Idylle zeigt (diese gab es vor 2000 Jahren und auch später nicht) und das uns nicht zur Nostalgie (Weihnachten, wie es immer bzw. früher war) verleiten will. Weihnachten ist kein Fest der Retrospektive/des Zurückschauens, sondern ein Fest der Perspektive/des Ausblicks (wie es Dr. Christoph Benke am Christtag in seiner Predigt dargestellt hat). Prof. Paul Michael Zulehner hat es in einem Gespräch mit der ‚Furche‘ in der Weihnachtsnummer 2024 so formuliert: Gerade in der angstgetriebenen Welt von heute braucht es ein Gegengewicht von Vertrauen, Hoffnung und Zuversicht. Christinnen und Christen könnten in dieser Hinsicht durchaus ‚Partisanen der Hoffnung‘ sein. Anders gesagt: Hoffnung ist ein Tu-Wort.
Wie kommen wir aus der ausschließlichen Sehnsucht nach Wohlfühlen und Rückzug bzw. aus einer Haltung der Resignation angesichts vieler Krisen unserer Tage heraus und in das Handeln für Hoffnung, Freude, Vertrauen, Zuversicht und Frieden hinein?
Die Wochen nach Weihnachten bieten uns viele Impulse und Anstöße dafür.
- Der 1. Jänner wird in der katholischen Kirche als Weltfriedenstag begangen. Papst Franziskus hat den Weltfriedenstag 2025 unter das Motto ‚Vergib uns unsere Schuld, schenke uns deinen Frieden‘ gestellt. Natürlich haben die Staaten und die maßgeblichen Politiker und Mächtigen den Auftrag, für den Frieden zu handeln; es ist aber auch die Aufgabe jeder und jedes Einzelnen, im eigenen Umfeld sich für eine gerechtere und friedvollere Welt einzusetzen. Wie spreche ich über andere? Nehme ich meine Nachbarn wahr? Usw.
- Ich habe zu Weihnachten ein Video erhalten, auf dem eine Amerikanerin, ein Araber, ein Palästinenser, ein Italiener und ein Israeli auf einer Terrasse in Bethlehem jede/r in der eigenen Sprache das Lied vom Trommelbuben singen. Little Drummer Boy („Der kleine Trommler“) ist ein US-amerikanisches Weihnachtslied. Es erzählt die Geschichte eines armen Buben, der es sich nicht leisten kann, dem neugeborenen Jesus ein Geschenk zu machen, und daher mit dem Einverständnis Marias für ihn auf seiner Trommel spielt. Dieses so gesungene Lied: Welch ein Grenzen auflösendes, zukunftsorientiertes Zeichen.
- Die Sternsingerinnen und Sternsinger bringen die Botschaft des Friedens und der Freude in die Häuser und sammeln für konkrete Projekte zur Verbesserung der Lebenssituation in verschiedenen Teilen der Welt.
- Am 17. Jänner wird der Tag des Judentums begangen. Er erinnert uns auch daran, dass Jesus, Maria, Josef usw. Juden waren und es bis zu ihrem Tod geblieben sind. Antisemitismus ist mit einer christlichen Lebenseinstellung nicht vereinbar.
- Von 18. bis 25. Jänner ist die internationale Gebetswoche für die Einheit der Christen unter dem Motto ‚Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben … und deinen Nächsten wie dich selbst‘. Vor 1700 Jahren hat im Jahr 325 das Ökumenische Konzil von Nicäa die gemeinsamen Grundlagen für alle Christen festgelegt; lange vor der Trennung in Ost- und Westkirche im 11. Jahrhundert und den Trennungen im 16. Jahrhundert (Reformation). Papst Franziskus und Patriarch Bartholomäus wollen dessen vor Ort (in der heutigen Türkei) gedenken; es besteht die Hoffnung, dass in diesem Zusammenhang auch ein gemeinsamer Termin für das Osterfest in Zukunft (2025 ist es aufgrund des Kalenders so) gefunden werden kann. Wie stehen wir zur Gemeinschaft aller Christen?
- Gelingt es uns als engagierte ChristInnen und Christen, weniger über Andersgläubige zu reden, sondern mehr mit ihnen. Dialog bedeutet Brückenbau, ohne die eigenen Grundsätze oder Überzeugungen aufzugeben. Sprechen wir mehr mit unseren muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern und nicht über sie. Dann würde es uns auch leichter fallen, nicht so schnell über ‚den Islam‘ usw. zu reden.
- Am 22. Jänner wollen wir wieder miteinander im Gottesdienst um 18.00 Uhr Mahl halten. Im Anschluss daran werden wir uns angeleitet von Dr. Christoph Benke mit Hildegard Burjan (1883-1933) auseinandersetzen. Nach Hildegard Burjan ist unsere Pfarre benannt. Mit ihr verbinden wir folgende Stickworte: Sozialpolitische Arbeit, v.a. zugunsten von benachteiligten Frauen; erste christlichsoziale Abgeordnete im Parlament (‚Gewissen des Parlaments‘); Gründerin der Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis (CS); verheiratet mit Alexander Burjan, Mutter von Elisabeth (geb. 1910) und Initiatorin der Kirche Neufünfhaus. Sie wurde 2012 im Wiener Stephansdom selig gesprochen und ist seit 2017 Patronin der Pfarre Hildegard Burjan (Rudolfsheim – Neufünfhaus – Schönbrunn-Vorpark). An diesem Abend wollen wir uns auf ihr Denken und ihren spirituellen Weg einlassen.
Eine politische Partei plakatiert derzeit in Niederösterreich mit dem Foto einer Krippe ‚Unser Fest. Unsere Werte‘. Aber: Weihnachten ist nicht ein Fest gegen andere, sondern das Fest der Leidenschaft Gottes für diese Welt, für alle Menschen dieser Welt! Halten wir uns an das, was vor unserer Kirche steht: Mach’s wie Gott, werde Mensch.
Bleiben wir offen, gehen wir auf andere zu und machen wir Angebote – als Einzelne und als Gemeinde – und vertrauen wir auf die göttliche Geistkraft, die uns zugesagt ist und uns begleitet.
‚Der Friede und die Freude der Weihnacht mögen uns bleiben als Segen im ganzen kommenden Jahr.‘ (Irischer Segenswunsch)