Was geschieht mit dem Kirchenbeitrag?

Der Kirchenbeitrag ist wohl das umstrittenste weltliche Thema innerhalb der Katholischen Kirche in Österreich. Pfarrer Martin erklĂ€rt die GrĂŒnde und HintergrĂŒnde und legt dar, was alles mit dem Geld passiert.


„Muss man fĂŒr den Glauben zahlen?“

Sehr oft wird mir dieser Satz vorgehalten. „
 fĂŒr den Glauben zahlen.“  Keine Gemeinschaft und Organisation kann aber ohne Beitrag leben. Es wĂ€re auch unwĂŒrdig, einem Mitarbeiter zu sagen: „Tut mir Leid, fĂŒr dieses Monat habe ich kein Gehalt mehr, weil zu wenig Beitrag eingegangen ist.“

Das österreichische System des Kirchenbeitrages sieht vor, dass alle Katholik/innen 1,1 %  des steuerpflichtigen Einkommens als Beitrag fĂŒr ihre Kirche geben. Damit kann die Pfarrgemeinde die von ihr erwarteten Leistungen erbringen und die Diözese all jene Stellen unterhalten, die vielen tausenden Menschen zugute kommen: Caritas, KindergĂ€rten, Beratungsstellen, Telefonseelsorge 
 sie alle werden durch den Kirchenbeitrag mitfinanziert.

„Ich muss zu viel zahlen!“

Manchmal möchte ich zurĂŒckfragen: „Wieviel ist dir deine Kirche wert?“ Seien Sie ehrlich! Im Durchschnitt – auf die Personenzahl umgelegt – zahlt ein Wiener Katholik / eine Katholikin € 91,20 im Jahr. Das sind nicht einmal 2 (zwei) Zigarettenschachteln im Monat!

NatĂŒrlich kann die Kirchenbeitragsstelle nicht das Einkommen erfahren. Es ist auf das Vertrauen des GlĂ€ubigen angewiesen. Es gibt oft besondere GrĂŒnde, die nicht bekannt sind – z.B. Krankheit, finanzielle Sorgen, familiĂ€re VerĂ€nderungen, Arbeitslosigkeit. Das Beste ist, in so einem Fall mit der Beitragsstelle zu sprechen.

„Wer verwaltet den Kirchenbeitrag und wohin gelangt er?“

Zirka 50 % des Kirchenbeitrags bleiben in der Pfarrgemeinde und werden vom Vermögensverwaltungsrat der Pfarre verwaltet. Die andere HĂ€lfte geht an die Zentrale der Erzdiözese und steht in der Verantwortung der Finanzdirektion des Erzbischofs. Wenn notwendige Baumaßnahmen in einer Kirche anfallen, dann erhĂ€lt die Pfarre vom Bauamt der Zentrale zwischen 30 und 50 % der Ausgaben.

„Was wĂ€re, wenn man den Kirchenbeitrag auf freiwillige Basis stellen wĂŒrde?“

Immer wieder hat sich eine Expertengruppe mit dieser Frage beschĂ€ftigt. Ernsthafte SchĂ€tzungen gehen davon aus, dass dann nur mehr 25 % des bisherigen Beitrags gezahlt wĂŒrde. Das bedeutet eine KĂŒrzung aller kirchlichen Einrichtungen auf ein Viertel. Auf unsere Pfarre umgerechnet, mĂŒsste dann die PfarrsekretĂ€rin und der Pastoralassistent (oder der Pfarrer) gekĂŒndigt werden, und die Gruppen im Pfarrzentrum mĂŒssten Miete zahlen. Derzeit haben wir wöchentlich 25 verschiedene Gruppen im Pfarrzentrum.

Pfarrer Martin Rupprecht