Übungsweg der Dankbarkeit: Impuls 4
Seit 3 Wochen sind wir nun bereits auf unserem Übungsweg der Dankbarkeit unterwegs. Wahrscheinlich geht es Ihnen wie mir: An manchen Tagen fällt eine dankbare Haltung leichter, an anderen tun wir uns schwer damit und sehen eher das, was nicht gelingt, was uns stört. Manche Lebensumstände fordern uns besonders heraus und machen es uns schwer, ein dankbares Herz zu bewahren.
Der Apostel Paulus schreibt der Gemeinde in Thessalonich in seinem ersten Brief: „Dankt für alles! Denn das will Gott von euch, die ihr Christus Jesus gehört“. Die evangelische Pfarrerin Julia Schnizlein verweist darauf dass die Aufforderung, für alles dankbar zu sein, in manchen Situationen zynisch klingt.
Sie erzählt auf Instagram die Geschichte von Corrie Ten Boom: „Die niederländische Christin wurde 1944 ins Konzentrationslager eingeliefert, weil sie Juden versteckt hatte. Gemeinsam mit ihrer Schwester wurde sie in einer Baracke untergebracht. Der Gestank war nicht zu ertragen und sie war mit Flöhen komplett verseucht. Den beiden Schwestern war es gelungen, eine Bibel in das Lager zu schmuggeln, wobei das Bibellesen bei Todesstrafe verboten war. Abends hielten sie Bibelstunden mit anderen und lasen bei Paulus: „Seid dankbar in allen Dingen“. Corrie meinte: „Niemals im Leben werde ich Gott für diese höllischen Flöhe danken“. Die nächtlichen Bibelstunden zogen immer mehr Frauen an. Sie gaben ihnen Mut und Überlebenswillen. Corrie wunderte sich, warum ihre Baracke niemals kontrolliert und die Bibelstunden nicht entdeckt wurden. Da meinten die anderen: „Die Wärterinnen wollen sich keine Flöhe einfangen – daher kontrollieren sie die Baracke nicht.“ Und Corrie betete: „Gott, ich danke dir für die Flöhe!“
Niemandem steht es zu, von anderen Menschen in schwierigen Lebenssituationen Dankbarkeit einzufordern. Das wäre tatsächlich zynisch. Aber im Rückblick gelingt es uns vielleicht manchmal, für Umstände „Danke!“ zu sagen, die im Durchleben und Durchleiden fast unerträglich schienen. Manchmal eröffnet sich uns rückblickend ein Sinn, der uns in der Situation verschlossen geblieben ist. Für ein „Danke!“ ist es jedoch nie zu spät.