Taufe des Herrn – ein Lernprozess
Unser Leben ist in vielerlei Hinsicht ein Lernprozess. Johannes der Täufer machte einen solchen durch; auch wir müssen uns darauf einlassen – egal, wie lange der Lernprozess dauert.
Das stellte Dr. Christoph Benke in seiner Predigt zu Taufe des Herrn Mt 3,13-17 am Sonntag, 08.01.2023 in Schönbrunn-Vorpark ins Zentrum.
„Für mich war das ein Lernprozess!“ Wenn jemand einen Lernprozess erwähnt, steckt etwas dahinter – und meist mehr, als man von einem einzigen nüchternen Wort erwarten dürfte. Wer Schnitzen lernt, will sich eine Fertigkeit erwerben. Das geht nicht in einem Tag. Aber nach dem dreitägigen Schnitzkurs sollte ich ein Werkstück eigenständig bearbeiten können.
Ein Lernprozess dauert meist länger – vor allem, wenn er sich auf des Menschsein bezieht: sich aussprechen, zuhören, warten, genau hinschauen, verlieren können. Es benötigt oft Jahre, diese für das Zusammenleben so elementaren Fähigkeiten einzuüben und zu lernen.
Von einem Lernprozess erzählt die Szene, von der wir vorhin im Evangelium hörten. Der Lernende ist Johannes der Täufer. Wie im Zeitraffer begreift er schnell etwas, wofür wir meist viele Jahre oder ein ganzes Leben brauchen: das Lassen und das Zulassen. Johannes aber wollte es nicht zulassen und sagte zu ihm: Ich müsste von dir getauft werden und du kommst zu mir? Jesus antwortete ihm: Lass es nur zu! […] Da gab Johannes nach. (V. 14-15)
Wir Menschen scheuen jede Form von Abhängigkeit. Irgendetwas in uns sträubt sich dagegen, sich die Liebe gefallen zu lassen – in der irrigen Annahme, wir würden dann kleiner. Aber das Gegenteil ist der Fall: Der Lernprozess besteht darin, „geschenkfähig“ zu werden. Ich muss lernen, dass ich mich und mein Leben der Liebe eines anderen verdanke. Das muss ich zulassen. Die Zustimmung, sich von der Liebe Jesu Christi beschenken zu lassen, ist ein bedeutender Umkehrschritt hin zur „Er-Lösung“, d.h. sich von sich selbst lösen zu lassen. Davon spricht Teresa von Avila: „Der Herr sei gepriesen, dass er mich von mir selbst befreit hat!“
Für Johannes war das ein Crash-Kurs. Auf das Wort Jesu hin lernt er das Lassen und das Zulassen. Er möge uns in seine Schule mitnehmen. Unser Lernprozess wird länger dauern. Das macht nichts. Entscheidend ist, dass sich dann der Himmel öffnet.
Christoph Benke