Rudolfsheim 1864–1893
Von der Entstehung von Rudolfsheim bis zur feierlichen Grundsteinlegung
Im Jahr 1864 wurden die Vororte Reindorf, Rustendorf und Braunhirschen vereinigt. Aus ihnen entstand die Gemeinde Rudolfsheim. Damit begann eine Zeit reger Bautätigkeit in unserem heutigen Pfarrgebiet. Ein wesentlicher Grund dafür war die Westbahn, die im Dezember 1858 in Betrieb ging. Die Eisenbahner suchten Wohnungen in der Nähe des Bahnhofs. Auch viele Gewerbetreibende siedelten sich hier an, wo sie ihre Rohstoffe direkt von der Bahn holen konnten.
Auf der „Schmelz“ war damals der große Exerzierplatz des k. u. k. Militärs. Die freien Flächen um den Exerzierplatz wurden parzelliert und verbaut. Seelsorglich gehörte unser heutiges Pfarrgebiet bis zum Jahr 1876 zur Pfarre Reindorf. 1876 wurde durch das Fürsterzbischöfliche Ordinariat mit Zustimmung der Regierung die Ortsgemeinde Fünfhaus aus dem Pfarrbezirk Reindorf ausgegliedert. Die neue Pfarre Fünfhaus „Maria vom Siege“ am Gürtel entstand.
Bereits 1875 hatte sich Kardinal Fürsterzbischof Joseph Othmar Ritter von Rauscher energisch für die Gründung einer zusätzlichen Pfarre für die „Schmelz“ eingesetzt. So wurde aus seinem Privatvermögen um 12.000 Gulden ein Grundstück von 604,11 Quadratklafter (entspricht 2.173 m²) von der Wiener Baugesellschaft erworben, um darauf eine Kirche und einen Pfarrhof zu bauen.
Kardinal Rauscher erlebte die Erfüllung seines Wunsches nicht mehr. Er starb am 24.11.1875, noch ehe über die Erwerbung ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen werden konnte. Daher ging das Eigentumsrecht über das Grundstück unter der Bezeichnung „Kardinal Rauscher’scher Kirchenbauplatz“ vorläufig auf das Fürsterzbischöfliche Knabenseminar über. Später wurde der ganze Platz, auf dem die Kirche stehen sollte, „Kardinal-Rauscher-Platz“ benannt. Diesen Namen trägt er auch noch heute.
Bald entstanden Zweifel über die Zweckmäßigkeit der Lage dieses Bauplatzes. Die Wiener Stadtregierung hätte für den Kirchenbau lieber einen etwas größeren Baugrund, an der Stelle des heutigen Reithofferparks, gehabt. Das Haus Tannengasse 20 hätte als Pfarrhof dienen sollen. Zahlreiche Verhandlungen mit der Gemeinde Rudolfsheim blieben ergebnislos. Diese setzte sich nämlich energisch für den Bau der Kirche auf dem Kardinal-Rauscher-Platz ein. Sie kaufte noch eine Parzelle dazu und widmete sie unentgeltlich der Vergrößerung des Bauplatzes.
In den Jahren 1883–1890 entstand nahe dem Grundstück das „Kaiserin-Elisabeth-Spital“. Es hieß übrigens für kurze Zeit „Kaiser-Franz-Joseph-Spital“ und war erst seit 1891 der Kaiserin gewidmet. Erst durch die Eingemeindung der Vorortgemeinde Rudolfsheim in die Gemeinde Wien 1892 wurde ein Durchbruch erzielt. In der Plenarversammlung vom 5.7.1892 widmete die Gemeinde Wien einen Straßengrund von 200,20 m² dem Kirchenbau. Dieser diente für den Portalbau der Kirche und deren vorgelagerte Freitreppe.
Am 22.10.1892 erfolgte dann endlich die Genehmigung zum Bau der Kirche und des Pfarrhofs auf dem Kardinal-Rauscher-Platz. Architekt war Karl Schaden. Die ehemaligen Gemeinden Rudolfsheim und Sechshaus bildeten ab 1892 übrigens gemeinsam den 14. (!) Bezirk mit dem Namen „Rudolfsheim“. Die Gemeinde „Fünfhaus“ wurde unter diesem Namen zum 15. Bezirk.
Am 27.9.1893 fand in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph und unter starker Beteiligung der Bevölkerung die feierliche Grundsteinlegung zur Rudolfsheimer Kirche statt. Die Mauern der Kirche überragten zu diesem Zeitpunkt das Straßenniveau um einen Meter. Auf dem Platz vor der Kirche hatte man ein Kapellenzelt errichtet, in dem die von Kardinal Fürsterzbischof Dr. Anton Gruscha zelebrierte Festmesse stattfand. Musikalisch begleitet wurde sie vom „Rudolfsheimer Männergesangsverein“. Vorher wurde allerdings der Grundstein gesegnet und gemeinsam mit einer Urkunde vom Kaiser mit drei Hammerschlägen ins Gemäuer eingefügt. Nach Beendigung der Feier fuhren der Kaiser und sein Gefolge unter den Jubelrufen der Bevölkerung ab.