Rudolfsheim 1938–1960
Jahre des Schreckens, Aufbruch und der Weg in eine neue Zeit
Mit dem Anschluss an das nationalsozialistische Deutschland im März 1938 brach das Terror des Hitler-Regimes über Österreich herein. Im Juni 1940 mussten alle Metallreserven Wiens abgeliefert werden – die Rudolfsheimer Stahlglocken blieben aber verschont. Am 26. August 1940 wurde auf unserem hochgelegenen Turm ein Beobachtungsposten der Polizei eingerichtet. Von hier aus konnten durch Luftangriffe verursachte Brände schneller der Feuerwehr gemeldet werden.
Am 21. Februar 1945 fielen im Laufe der Luftangriffe auf Wien zum ersten und einzigen Mal Bomben auf unser Pfarrgebiet. Durch seine Nähe zur Westbahn war das Gebiet besonders gefährdet. Mehrere Häuser der Pfarre fielen den Bombenangriffen zum Opfer. Am nächsten an der Kirche gelegen war das Haus Ecke Märzstraße und Holochergasse, unmittelbar gegenüber der Südfront der Kirche. Auch ein ehemaliges jüdisches Waisenhaus und der Pavillon 4 des Kaiserin-Elisabeth-Spitals wurden zerstört. Eine Bombe detonierte auf dem Kardinal-Rauscher-Platz, ganz nahe den Kirchenstiegen. Das schwere Kirchentor wurde dadurch aus den Angeln gerissen und auch die Orgel schwer beschädigt. Bis auf die Fenster in der Apsis und über dem Josefsaltar wurden alle Kirchenfenster zerstört, ebenso fast das gesamte Kirchendach.
Nach Kriegsende begann die Zeit des Wiederaufbaus. In den kommenden Jahren war viel Arbeit zu leisten. Viele Opfer mussten gebracht werden. Die letzten Kriegsschäden konnten erst 1964 (Innenrenovierung) bzw. 1966 (Außenrenovierung) beseitigt werden.
Die neue Zeit verlangte auch neue Methoden in der Seelsorge. Ende 1945 hatte unsere Pfarre zwei Jugendheime im Pfarrgebiet, in einem davon – Kannegasse 3 – wurde später der Pfarrkindergarten untergebracht. Die anderen Räume in der Schuselkagasse 6, wo eine Fülle von Veranstaltungen stattfand, mussten wegen Eigenbedarfs des Vermieters aufgegeben werden. Daher beschloss man, im Pfarrgarten ein Pfarrheim mit einem Veranstaltungssaal zu errichten. Besonders Kaplan Dr. Franz Gstaltmeyr, der nach Kriegsende als Kinder- und Jugendkaplan nach Rudolfsheim gekommen war und später als Pfarrer wirkte, setzte sich dafür ein.
Nach rund einem Jahr Bauzeit segnete Pfarrer Dechant Johannes Mahr am 11. Dezember 1955 das neue Heim. Als erste Veranstaltung führte die Jugendtheatergruppe vor voll besetztem Saal das Theaterstück „Weihnacht 1818“ auf. Es sollten noch viele weitere Aufführungen folgen.
Unsere Pfarre war bei ihrer Gründung 1899 eine der flächenmäßig größten und bevölkerungsreichsten von Wien gewesen. Doch durch die Errichtung der neuen Pfarre „Neu-Fünfhaus“ 1933 verkleinerte sich das Rudolfsheimer Pfarrgebiet erheblich. Als die St. Antons-Kirche in der Pouthongasse 1939 zur Pfarrkirche erhoben wurde, verkleinerte sich die Pfarre neuerlich.
Mit 1. Jänner 1979 wurden noch ein zweites Mal rund 800 Haushalte an die Pfarre Neufünfhaus abgetreten. Die letzte Gebietsabtretung gab es 1981 nach der Neugründung der Pfarre Akkonplatz in der Oeverseestraße. Unsere Pfarre zählte nach diesen Gebietsverkleinerungen 10.345 Katholiken – im Jahr 2009 waren es nur noch rund 4.500.