Die Geschichte von Neufünfhaus
Von der Gedächtniskirche zur lebendigen Gemeinde
Die Kirche Christkönig-Neufünfhaus ist jener berühmte Bau des österreichischen Architekten Clemens Holzmeister, der schräg gegenüber vom Stadthallenbad liegt.
Die Geschichte der Kirche in Neufünfhaus ist kurz und dennoch kompliziert. Sie stammt aus einer politisch schwierigen Zeit. Wir haben uns mit den Hintergründen der Gründung auseinandergesetzt und sie auf dieser Seite aufbereitet.
Die Gründerin der Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis, Dr. Hildegard Burjan, veranlasste 1932 den Bau einer Kirche, eines Fürsorgehauses und eines Pfarrhauses.
Sie hatte dabei die spannungsreiche Zeit der Zwanziger Jahre im Blick: der Weg der jungen Demokratie war alles andere als einfach. Soziale und wirtschaftliche Spannungen suchten nach Lösungen; traditionelle Werte, insbesondere auch die Stellung der Kirche, waren in Frage gestellt. Viele Österreicher kehrten damals der Kirche und dem Glauben den Rücken zu, auch als Reaktion auf den politischen Katholizismus dieser Zeit.
1933 erfolgte die Grundsteinlegung für die Kirche. Der österreichische Architekt Clemens Holzmeister wurde mit dem Bau betraut. 1934 erfolgte die Weihe als Christkönigskirche. Seit 1935 ist die Kirche eine Pfarrkirche. Das Pfarrgebiet wurde damals von Rudolfsheim abgetrennt. Noch während der Vorbereitungen für den Bau war Hildegard Burjan verstorben; sie erlebte die Einweihung nicht mehr.
Seit dem 1. Jänner 2017 sind wir mit den Gemeinden Rudolfsheim, Schönbrunn-Vorpark und St. Anton in der neuen Pfarre Hildegard Burjan zusammengefasst. Das ehemalige Fürsorgehaus ist schon seit vielen Jahren die Heimat von Kindergarten und Hort.
„… damit die Menschen einen Ort haben, wo sie wieder zu Gott zurückfinden“ – so beschreibt die Gründerin unserer Kirche, Dr. Hildegard Burjan, das Anliegen, das sie mit dem Bau unserer Pfarrkirche verfolgte. Sie war die Gründerin der Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis und wurde 2012 seliggesprochen.
Mit dem Bau der Kirche, des Fürsorgehauses und des Pfarrhauses wollte sie dem verstorbenen Bundeskanzler und Priester Dr. Ignaz Seipel ein Gedächtniswerk errichten.
Die Vision unserer Gründerin versuchen wir immer wieder neu zu träumen und umzusetzen.
Unsere Gemeinde ist für Jung und Alt ein Ort der Begegnung, des geistigen Austauschs und der Initiativen. Die Palette reicht weit: vom Babytreffen über Jungschar und junge Erwachsene bis hin zum Seniorenklub; von der Unterstützungsgruppe für Flüchtlinge bis hin zur Lebensmittelverteilung für Bedürftige.
„Die grosse Seelenzahl und räumliche Ausdehnung der Pfarre Rudolfsheim veranlasste das erzbischöfliche Ordinariat, nach Anhörung des hochw. Herrn Pfarrers von Rudolfsheim und des hochw. Herrn Pfarrers von Neulerchenfeld sowie des hochwürdigsten Metropolitankapitels zu St. Stephan in Wien die Pfarre Rudolfsheim zu teilen und unter Einbeziehung eines Teils der Pfarre Neulerchenfeld an der Christ Königskirche (Dr. Seipel Gedächtniskirche) in Wien XV. eine selbständige Pfarre zu errichten und diese mit Zustimmung des hochwürdigsten Metropolitankapitels … der Kongregation der OBLATEN vom hl. Franz von Sales … zu inkorporieren.“
Das mit 15. Dezember 1934 datierte und am 1. Jänner 1935 rechtskräftig gewordene Gründungsdokument der Pfarre „Neufünfhaus“ beschreibt zunächst die Gründe für die Pfarr-Errichtung. Statt der 60.000 Menschen in der Mutterpfarre Rudolfsheim sollte die neue Pfarre nur für etwa ein Viertel dieser Zahl zuständig sein und die Kirche sollte auch räumlich den Menschen näher kommen. Im Weiteren erwähnt die Urkunde die erforderlich gewesene Zustimmung der Mutterpfarren, wobei die Abnabelung nicht ohne Schmerzen verlief. Die Pfarrgrenzen wurden zunächst so festgesetzt: „Die Achse des Neubaugürtels bis Gablenzgasse, die Achse der Gablenzgasse bis Kirchstettnergasse, die Achse der Kirchstettnergasse bis Herbststraße, die Achse der Herbststraße bis Habichergasse, die Achse der Habichergasse bis Gablenzgasse diese überquerend, die Achse der Camillo-Sitte-Gasse, die Achse der Schweglerstrasse bis Hütteldorferstrasse, die Achse der Hütteldorferstrasse bis Beingasse, die Achse der Beingasse bis Felberstrasse, die Achse der Felberstrasse bis zum Neubau-Gürtel.“
Die an sich nicht ungewöhnliche Feststellung der Errichtung der Pfarre an einer Kirche hat im Fall von Neufünfhaus eine besondere Bedeutung. Denn der „Seipel-Dollfuß-Gedächtnisbau“ war nicht von der Erzdiözese errichtet worden, sondern vom Verein „Soziale Hilfe“, was nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich zu erheblichen Komplikationen führte; in aller Eile wurde die Übertragung im November 1938 durchgeführt. Dass die Errichtung der Pfarre nicht im Vordergrund der Überlegungen stand, äußerte sich nicht zuletzt darin, dass mit der Kirche nur der so genannte Fürsorgebau verbunden war, während das Pfarrhaus bis heute isoliert hinter ihr am Vogelweidplatz steht und bei ursprünglich zwei Kooperatoren und später einem immer intensiver werdenden Pfarrleben stets zu klein geblieben ist; so wurde 1953 ein kleines Pfarr- und Jugendheim angebaut.
Dass die neue Pfarre der Kongregation der Oblaten des heiligen Franz von Sales anvertraut wurde, hing mit deren Wertschätzung durch die Initiatorin des Kirchenbaus, Hildegard Burjan, zusammen. Nach dem Tod Prälat Seipels hatte sie die geistliche Leitung der von ihr gegründeten „Caritas Socialis“ in die Hände des Provinzials Pater Fangauer gelegt. Dieser bestimmte als ersten Pfarrer Johann Egger, der im Jahre 1928 Altbundeskanzler Seipel und den damaligen Wiener Erzbischof Kardinal Friedrich Gustav Piffl als Sekretär zum Eucharistischen Weltkongress nach Chicago begleitet hatte. Egger hatte nämlich nach dem Ersten Weltkrieg zusammen mit Baronin Rast in den USA das „Österreichische Hilfswerk“ aufgebaut und verbrachte seit 1920 fast alljährlich, sogar noch einmal nach dem Anschluss und dann wieder nach der Befreiung 1945, mehrere Wochen in Amerika.
Die ungewöhnlichen Umstände der Pfarr-Errichtung äußerten sich auch bei der Einweihung von Kirche und Fürsorgebau am 29. September 1934. Diese verlief von 7 bis 10.30 Uhr früh ohne jeglichen Festcharakter. Kardinal Innitzer zelebrierte zusammen mit 30 Priestern und beendete den Gottesdienst mit einem Gebet für die am Abend in der Krypta beizusetzenden Bundeskanzler. Das Allerheiligste wurde in die Kirche vom Bruder-Konrad-Werk Ecke Giselhergasse/Markgraf-Rüdiger-Straße überbracht, das als Keimzelle des Pfarrlebens gelten kann; eine Bruder-Konrad-Statue am Pfeiler zwischen Haupt- und Nebenschiff der Kirche erinnert daran. Nach der feierlichen Beisetzung der beiden Bundeskanzler am Samstagabend fand dann am Sonntagvormittag in Anwesenheit von Bundespräsident Miklas und der gesamten Bundesregierung ein ebenfalls von Kardinal Innitzer zelebriertes Pontifikalamt statt. Die Wiener Sängerknaben sangen unter der Leitung von Clemens Krauss Mozarts Krönungsmesse.
Der mit Realismus, aber auch organisatorischem und erzieherischem Talent begabte Pfarrer Egger, damals der jüngste Wiens, nahm zur Kenntnis, dass er zumindest die ersten Jahre eigentlich an einer Wallfahrtskirche wirken würde, zu der an den Wochenenden zehntausende Menschen pilgerten, um nebst der Kirche auch das kleine Dollfuß-Seipel-Burjan-Museum im Fürsorgebau aufzusuchen. An Wochentagen wurden drei, am Sonntag sechs Messen gelesen. Doch sein erstes Projekt galt dem Aufbau der Pfarrcaritas, denn diese sei „das wichtigste für den kommenden Winter“. Egger lavierte auch mit einigem Geschick durch die NS-Zeit, in der sich im Fürsorgebau zunächst die SA einquartiert hatte. Am Jänner 1939 wurde das Pfarrgebiet in Ottakring um die zwei Häuserblöcke zwischen Gablenzgasse, Neumayrgasse, Herbstraße und Kirchstetterngasse erweitert. An den Fronleichnamsprozessionen nahmen auch in den dunklen Jahren Tausende Menschen teil und die Pfarrgemeinde ging aus der Kriegszeit keineswegs geschwächt hervor, obwohl die Vereins- und Gruppenarbeit schwer behindert worden war. Mit Elan stürzte man sich in den Aufbau der regenerierten Kirche im diesmal demokratischen neuen Österreich etwa in den Gruppierungen der Katholischen Aktion.
Als Pfarrer Egger 1974 im 40. Jahr seines Wirkens in Neufünfhaus in den Ruhestand trat, bedeutete dies zweifellos eine Zäsur, hatte das Zweite Vatikanische Konzil die Weichen in der Kirche doch neu gestellt. Kardinal Innitzer war von Kardinal König abgelöst worden und Seipel und Dollfuß waren zur fernen Geschichte geworden. So machte sich der neue Pfarrer Alfred Ertle an eine erste Adaptierung der einstigen Gruft zu einem Gottesdienstraum. 1973 wurde der Kindergarten der Caritas im Fürsorgebau von der Pfarre übernommen und am 1. Jänner 1979 wurde das Pfarrgebiet in Ottakring um die Häuserblocks zwischen Neumayr- und Kirchstetterngasse erweitert; zur Schmelz hin trat die alte Mutterpfarre Rudolfsheim nun auch noch das Häuserviertel zwischen Schweglerstraße, Camillo-Sitte-Gasse, Gablenzgasse, Stutterheimstraße und Tellgasse ab.
Zu den alteingesessenen Gruppen und Bewegungen wie der Legio Mariä oder den von der Kirche unabhängigen, aber doch in mannigfacher Weise mit der Pfarre verbundenen Pfadfindern traten jetzt andere wie die Cursillobewegung hinzu, die neue Impulse einbrachten. Neufünfhaus entwickelte sich zu einer typischen Wiener Großstadtpfarre der Ära König, in der viele auch widerstrebende Richtungen Platz hatten. So finden sich neue Seelsorgeformen wie etwa Tischmütter in der Erstkommunionvorbereitung oder intensive Firmwochenenden, eine Aufwertung des Pfarrkirchenrats zum Pfarrgemeinderat oder zur Förderung der Gemeinschaft und des leichteren Einstiegs ins Pfarrleben der Pfarrkaffee nach dem Gottesdienst.
Besonders zu erwähnen sind die ökumenischen Kontakte. Unmittelbar nach Errichtung der Christkönigskirche war direkt an der Pfarrgrenze in der Schweglerstraße die Zwinglikirche entstanden, die mit ihrer schlichten Formensprache, dem Verzicht auf einen hohen Turm und der Verbindung mit einem Pfarrhaus manche Ähnlichkeit mit der katholischen Nachbarin aufweist. Heute sind die Kontakte zwischen katholischer und reformierter Gemeinde zur Selbstverständlichkeit geworden. Als verbindende Elemente zu nennen sind insbesondere der Weltgebetstag der Frauen, der jedes Jahr in einer anderen Gemeinde einer Mitgliedskirche des Ökumenischen Rats der Kirchen im Bezirk stattfindet, sowie das Taizégebet (ausgehend von einer gemischtkonfessionellen Mönchsgemeinschaft in Frankreich), das monatlich abwechselnd in der Christkönigs- oder Zwinglikirche stattfindet.
An dieser Stelle ist auch ein früher zumeist übergangener Umstand zu erwähnen, dass nämlich die Initiatorin der einstigen Dr.-Seipel-Gedächtniskirche eine gebürtige Jüdin war, die erst im Alter von 26 Jahren zum Christentum übergetreten ist. Während der Seipel- und Dollfußkult in Neufünfhaus fast völlig zum Erliegen gekommen ist – die Pfarrchronik vermerkt zuletzt 1984 aus Anlass des 50. Todestags von Dollfuß einen Gedenkgottesdienst –, so tritt die Erinnerung an Hildegard Burjan immer deutlicher in den Vordergrund, am deutlichsten mit der Umbenennung des Kirchenvorplatzes in Hildegard-Burjan-Platz im Jahre 1985. Wie die Vizepostulatorin im Seligsprechungsprozess und Burjan-Biografin Ingeborg Schödl berichtet, ist das Seligsprechungsverfahren weit gediehen.
Nach dem Abgang Pater Ertles im Jahre 1987 kam es in der Pfarre zu einer Periode schwerster Spannungen und Erschütterungen, die weit über die Pfarre hinaus in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden. Einerseits sahen sich die Oblaten des heiligen Franz von Sales außerstande, die Pfarre weiterhin mit ihren Mitgliedern zu besetzen, andererseits eskalierte pfarrintern eine heftige Auseinandersetzung über den einzuschlagenden Kurs der Seelsorge. Angelpunkte waren dabei die Gestaltung der Gottesdienste und die Akzeptanz gelebter und deklarierter Homosexualität.
Um die Situation zu beruhigen fand sich die Kongregation der Oblaten bereit, zunächst Pater Norbert Schachinger und nach ihm 1993 Pater Siegfried Schöndorfer als Pfarrer zu installieren, ohne aber von ihrem grundsätzlichen Verzicht auf die Pfarre abzurücken. Zu diesem kam es schließlich im Jahre 2000, als die Führung der Pfarre von der Erzdiözese Wien übernommen wurde. So wie Pater Ertle aus Bayern kommend ist der nunmehrige Pfarrer Martin Rupprecht von der spezifisch österreichischen Geschichte der Pfarre unbelastet. Mit dem Gründerpfarrer Egger wiederum hat er eine internationale und interreligiöse Perspektive gemeinsam: Seit 2006 ist er auch Leiter der Kontaktstelle der Erzdiözese Wien für christlich-islamische Begegnung, wobei ihm nicht zuletzt seine Kenntnis der türkischen Sprache zugutekommt.
Die Anzahl der Katholiken im Pfarrgebiet ist seit geraumer Zeit rückläufig. Von 9.809 im Jahr 1980, der ersten präzisen Statistik nach Erweiterung des Pfarrgebiets, ist sie auf ziemlich genau die Hälfte, nämlich 4.913 im Jahr 2009, gesunken. Ähnlich hat sich die Anzahl der Taufen entwickelt, von 64 im Jahr 1985 auf 29 im Jahr 2005. Gründe dafür liegen in der auch anderswo festzustellenden Austrittsbewegung der letzten Jahrzehnte, aber auch in der Verbesserung der Wohnsituation und vor allem im Zuzug von Moslems (besonders Türken) und orthodoxen Christen (besonders Serben). Die ebenfalls zahlreich zugezogenen Polen und Kroaten wiederum besuchen vielfach ihre Sprachgemeinden und treten daher in der Pfarre ebenfalls nicht in Erscheinung.
Betrachtet man den Werdegang der Pfarre Neufünfhaus seit 1934 oder auch nur seit 1984, als der Vater des Verfassers dieses Beitrags die historischen Abschnitte der Festschrift zum 50-Jahr-Jubiläum gestaltete, so scheint es schier unglaublich, wie sich die Akzente verschoben haben. Und doch bleibt es ein und dieselbe Gemeinde, die versucht unter den wechselnden Bedingungen einer Großstadt an einer Schnittstelle Europas das Christentum zu leben und ihren Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten.
Auch in den 15 Jahren seit 2009 ist Neufünfhaus eine lebendige, vielfältige Gemeinde geblieben. Dank der vielen Menschen, die sich hier einbringen, gibt es Gruppenaktivitäten von der Babyrunde bis zum Seniorenclub.
Außerdem finden pflegen wir gute Verbindungen zur Zivilgesellschaft, ob im Regionalforum, bei Grätzlaktivitäten oder durch nachbarschaftliche Vernetzungen.
Ein Einsatz für Menschen ist uns ein Herzensanliegen:
2013 hat Pfarrer Martin Rupprecht auch die Pfarre Rudolfsheim und Schönbrunn-Vorpark übernommen, und 2017 sind wir eine der Teilgemeinden der neuen Pfarre Hildegard Burjan geworden.
Ebenfalls 2013 kam Pfarrvikar Marek Stasiowski in unsere Gemeinden und hat bald darauf auf Wunsch der Pfarrleitung begonnen, polnische Messen zu feiern.
In den Jahren der Corona-Pandemie 2020-2022 haben wir auf kreative Weise versucht, auf verschiedene Art und Weise Beziehung mit Gott und untereinander wach zu halten (Online-Feierformen für zu Hause, Outdoor-Gottesdienste für Kinder, Zoom-Firmvorbereitung, Sommerlager und Feste unter speziellen Bedingungen uvm.)
In der Zeit danach bieten wir nach Kräften vielfältiges Gemeindeleben, Gebetsformen, Spirituelles und Soziales an, um Herzen zu erheben und neu verstärkt zu ermöglichen „dass Menschen wieder zu Gott [und wir würden ergänzen: auch zueinander] zurückfinden“ und hier zumindest ein Stück der Hilfe finden, die sie brauchen.
Die „Krypta“, die verborgene Unterkirche, ist in vielen Kirchen ein besonderer Kraftort. Bei uns ist sie heute der Raum für Kindergottesdienste, Vorabendmessen oder das Heilige Grab Jesu zu Ostern.
Auch sie hat ihre eigene Geschichte.
Bundeskanzler Dr. Engelbert Dollfuß, der den ersten Spatenstich für die Kirche gemacht hatte, fiel am 25. Juli 1934 einem Attentat der Nationalsozialisten zum Opfer. Da er sich selbst an diesem Gedächtniswerk beteiligt hatte, wurde er gemeinsam mit Bundeskanzler Dr. Seipel am 30. September 1934 in der Krypta beigesetzt. Am 24. Jänner 1939 mussten jedoch die Särge auf Verlangen der Nationalsozialisten entfernt werden. Der Sarg von Dr. Ignaz Seipel wurde auf dem Zentralfriedhof, jener von Dr. Engelbert Dollfuß auf dem Hietzinger Friedhof beigesetzt.
Eine andere Zeit ermöglicht es uns, den ursprünglichen Zweck dieses Raumes zu verändern. Daher haben wir die „Kanzlergruft“ in einen Gebetsraum umgestaltet, der den heutigen Anforderungen entspricht. Wir sind allen dankbar, die durch ihre Mühe dieses Gotteshaus ermöglicht haben. Wir setzen alles daran, um das zu erreichen, was Hildegard Burjan angestrebt hat: „einen Ort zu haben, wo die Menschen wieder zu Gott zurückfinden“.
Betroffen von der gesellschaftlichen Polarisierung durch das politische Engagement des Priesters Dr. Ignaz Seipel wollte Hildegard Burjan seinem religiös-sozialen Anliegen ein Denkmal setzen, durch das die Menschen wieder in der Versöhnung mit Gott zueinander finden. Der Aufruf „Kommet zu beten“ über dem Eingang der Kirche und der Appell „Lasst uns Gutes tun und nicht ermüden“ an der Balustrade der Empore – zu sehen beim Hinausgehen – fasst dieses Anliegen in kurze Worte.
Trotz der guten Absicht von Hildegard Burjan, auf das soziale Engagement und den Glauben zu blicken, entstand am Eingang der Kirche ein Denkmal, das leider den ersten Gedanken auf die unglückselige Politik der damaligen Zeit lenkt. Im Jahr 2010 hatte darum der Pfarrgemeinderat eine Zusatztafel angefügt: das ist der Text der nunmehrigen linken Tafel. Die Texte der beiden anderen Tafeln finden Sie hier und hier, bzw. natürlich bei einem Besuch vor Ort.
Die Position des Denkmals am Eingang der Kirche leitet den ersten Blick unweigerlich darauf und lässt die Gedanken um diese schwierige Verbindung von Kirche und zerstörerischer Politik kreisen. Für viele Menschen reißt das Erinnerungsdenkmal immer noch Wunden auf.
Da wir glauben, dass der erste Impuls beim Näherkommen an die Kirche das religiöse Anliegen von Hildegard Burjan sein soll, haben wir uns lange mit den Möglichkeiten einer Änderung beschäftigt. Nach vielen Gesprächen mit dem Bundesdenkmalamt, dem Vorsitzenden der Kulturkommission des 15. Bezirks, den Caritas-Socialis-Schwestern und anderen, sind wir zu jenem Ergebnis gekommen, das Sie nun vor sich haben.
In der Hoffnung, der Absicht der Gründerin dieser Kirche zu entsprechen, beten wir: „Selige Hildegard Burjan, bitte für uns!“
Pfarrer Martin Rupprecht, Juli 2019
Da wir uns als Pfarrgemeinderat entschlossen haben, eine erklärende Tafel auf dem Denkmal anzubringen, wollen wir den geschichtlichen Text weiterhin der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen:
Dieses Haus Gottes ist dem Gedächtnisse der beiden Kanzler den Erneuerern des österreichischen Vaterlandes Dr. Ignaz Seipel und Dr. Engelbert Dollfuss. Aus Liebesgaben des dankbaren Volkes erstanden.
Am 2. August 1932, dem Todestage Dr. Ignaz Seipels, beschloß Frau DR. HILDEGARD BURJAN als Präsidentin der ‚Sozialen Hilfe’ die Errichtung dieses Denkmales. Bis zu ihrem Tode, am 11. Juni, war das Werk durch ihre rastlose Arbeit gesichert, zur Verwirklichung gediehen. Ihre größten Helfer waren dabei Bundeskanzler DR. ENGELBERT DOLLFUSS und seine Gattin ALWINE. Nach dem Ableben der Gründerin traten beide an die Spitze des Komitees, das der ‚Sozialen Hilfe’ zur Seite stand. Ihrer tatkräftigen persönlichen Mitarbeit ist die glückliche Vollendung des Werkes zu danken.
Am 28. Juni 1934 hielt Bundeskanzler DR. DOLLFUSS die Abschlußsitzung im Konferenzzimmer des fast vollendeten Baues, vier Wochen später besiegelte er mit dem Opfertod seine Treue zu Gott, Volk und Vaterland. Am 30. September 1934 wurde der Bau seiner Bestimmung übergeben. An diesem Tage fanden die beiden großen Söhne Österreichs in der Krypta dieser Kirche ihre letzte Ruhestätte. Sie legten kostbare Saat in die geliebte Heimaterde. Sie opferten all ihre hohen Gottesgaben und endlich ihr Leben dem Ringen um Freiheit, Frieden und Glück ihres Volkes.
Der Pfarrgemeinderat der Pfarre Hildegard Burjan