Lebende und tote Heilige

Dr. Christoph BenkeGemeinsamer Bezugspunkt der Lebenden und der Toten bleibt Christus. Er bleibt der Mittelpunkt der Welt, für die Lebenden und die Toten, für die Heiligen hier und dort.

Das stellte Dr. Christoph Benke in seiner Predigt am Fest Allerheiligen in Schönbrunn-Vorpark in seiner Predigt am Beispiel einer besonderen Kirche dar.


In der Abteikirche eines Benediktinerklosters in Nordrhein-Westfalen ist das Chorgestühl ungewöhnlich angeordnet: Die Mönche bilden während des Betens einen Halbkreis. In der Mitte steht der Tabernakel. Er ist in der Kirchenmauer. Die andere Hälfte, der zweite Halbkreis, ist außerhalb der Kirchenmauer. Es ist der Friedhof. Die verstorbenen Mitbrüder sind im Halbkreis gebettet.

Vom Glauben inspirierte Architektur. Sie bedeutet: Was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen, die irdische Wirklichkeit, ist nur die eine Hälfte der Wirklichkeit. Die sinnliche Erfahrung will uns einreden: Was wir sehen und angreifen können, das sei schon die ganze Wirklichkeit. Aber der christliche Glaube streckt sich auf das Unsichtbare aus, indem er sagt: Es gibt eine Wirklichkeit, die das Irdische übersteigt.

Die 2. Botschaft: Diejenigen, die im Kloster leben, gehen ihren Weg im Glauben. Diejenigen, die außerhalb der Mauern in der Erde liegen, gehören dazu. Gemeinsam kommen die Halbkreise zusammen und bilden das Ganze, die Gemeinschaft der Heiligen, wie es im Glaubensbekenntnis heißt. Allerheiligen erinnert: Unsere Hoffnung umfasst die gesamte Schöpfung und das Heil aller Menschen. Das letzte Glück, die endgültige Freude bei Gott gibt es nur gemeinsam. Die Heiligen, die angekommen sind, die Verstorbenen – sie haben noch nicht die volle Freude des Angekommenseins, solange wir noch unterwegs und noch nicht da sind. Sie warten auf uns. So gesehen passt es, wenn das Totengedenken auch schon am Allerheiligentag stattfindet.

Zwei Halbkreise: Gemeinsamer Bezugspunkt der Lebenden und der Toten bleibt der Tabernakel, also Christus. Er ist für alle gestorben. Er bleibt der Mittelpunkt der Welt, für die Lebenden und die Toten, für die Heiligen hier und dort – bis er einmal das All dem Vater übergibt.

Christoph Benke