Erwählung und Erlösung der ganzen Menschheit – Predigt

Dr. Hans PockIn diesem Jahr verdrängte das „Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria“ durch ihre Mutter Anna („Mariä Empfängnis“) den 2. Adventsonntag (08.12.2024). Dr. Johann Pock stellte in seiner Predigt in Schönbrunn-Vorpark die zentralen Aussagen dieses Festes dar: Neuanfang – Erwählung – Erwählung in Vollkommenheit. Und es geht dabei nicht nur um Maria, sondern um die ganze Menschheit.


Ich sage meinen Studierenden in den Predigtkursen immer: Am schwierigsten sind die Marienpredigten. Jedes Jahr haben wir unzählige Marienfeste, Wallfahrten zu Marienkirchen, Dreizehntenwallfahrten … und fast immer dieselben Bibelstellen, und fast ausschließlich das heutige Evangelium nach Lukas: Die Verkündigung an Maria.

Und dabei ist das für heute das falsche Evangelium: Es leitet nämlich in die Irre. Bei „Mariä Empfängnis“ geht es um den Anfang des Lebens von Maria – also um Joachim und Anna, ihre Eltern. Das findet sich aber leider nicht in der Bibel – sondern nur im nicht biblischen, „apokryphen“ Jakobusevangelium. Daher ist 9 Monate nach dem 8. Dezember das Fest Mariä Geburt (8.9.); 9 Monate vor dem Weihnachtsfest jedoch der 25. März, das Fest der Verkündigung des Herrn.

Insofern ist der 8. Dezember anders als andere Marienfeste. Hier feiern wir eigentlich gar nicht Maria, oder eine ihrer Leistungen – sondern wir feiern die Erwählung und Erlösung der ganzen Menschheit.

  • Es geht um einen Neuanfang

Das Festgeheimnis sagt uns: Gott hat einen Neuanfang mit den Menschen gesetzt. Die Menschheit hat sich immer mehr in Sünden verstrickt. Aus dem Teufelskreis dieser Verstrickung konnten sie aus eigener Kraft nicht mehr entkommen – und genau das bezeichnen wir als „Erbsünde“ – also etwas, was nicht unsere persönliche Schuld ist – aber was unser Leben dennoch beeinträchtigt. Deshalb wird auch zu Mariä Empfängnis die Lesung vom Sündenfall gelesen (Gen 3): Den Menschen wurde die Freiheit geschenkt – und sie haben die Freiheit immer wieder auch missbraucht und Böses damit angestellt.

Die Bibel erzählt, dass Gott schon einmal einen solchen Neuanfang gemacht hat: Zur Zeit Noahs, als die Sünden der Menschen überhandnahmen und er nur mehr wenige Gerechte fand. Damals ließ er die sündige Welt untergehen; die Welt wurde gleichsam reingewaschen – und nur einige Gerechte überlebten in der Arche Noahs.

Doch Gott schwor damals auch: Nie wieder wird er die Welt in dieser Form vernichten – dafür steht sein Bundeszeichen, der Regenbogen.

  • Erwählung von Anfang an

Der Neuanfang diesmal setzt tiefer an: Gott sendet seinen Sohn, der als Mensch geboren werden soll. Dazu erwählt er eine Frau aus dem Volk, ein einfaches Mädchen – sie wird gnadenhaft erwählt zur Mutter des Herrn. Und genau das feiern wir heute: Von Anbeginn ihres Lebens im Mutterleib ihrer Mutter Anna war sie von Gott erwählt – und gleichzeitig auch befähigt, die Mutter Jesu zu werden.

Von Gott her war somit alles bereitet – und trotzdem musste sie selbst in ihrem Leben dann noch zustimmen. Ihre persönliche Entscheidung war es, etwas zu machen aus ihren Fähigkeiten, aus den Gnadengaben Gottes: So wie jeder Mensch Möglichkeiten geschenkt bekommt – und dann die Freiheit hat, was er damit anfängt.

Marias „Leistung“ war es, dass sie die Möglichkeit zum Sündigen nicht nützte: Jeder Mensch hat freien Willen – und damit auch die freie Möglichkeit, sich für oder gegen Gott zu entscheiden; für oder gegen das Gute – und das nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen. Maria entschied sich immer wieder für das Gute, so verehren wir sie in unserer Tradition.

  • Erwählung zur Vollkommenheit

Mariä Empfängnis ist damit aber ein Fest der ganzen Menschheit: Es ist jenes Fest, in dem es um die Möglichkeit der “Vollkommenheit” geht – aber auch darum, dass Gott für unsere Un-Möglichkeiten und Un-Vollkommenheiten geradesteht.

“Perfektion” ist ja ein großes Bestreben gerade unserer Zeit: Alles möglichst perfekt zu machen – doch wir schaffen es nur sehr begrenzt, perfekt zu sein. Genau deshalb kommen wir als Christen zusammen: weil wir nicht vollkommen und perfekt sind – aber uns gegenseitig unterstützen. Deshalb feiern wir Eucharistie: Als Dankesfeier, dass da einer für unsere Sünden und Unvollkommenheiten sogar sein Leben gegeben hat. Und Maria war es, die mit ihrer freien Entscheidung dieses Opfer Jesu ermöglicht hat.

Vor einiger Zeit hat ein wunderbarer christlicher Dichter, Josef Dirnbeck, sich Gedanken gemacht über das Vollkommen-Sein von Christen:

 

Wenn wir vollkommen wären

Wenn wir vollkommen wären,
hätten wir einander nicht nötig.
Weil wir schwach sind,
brauchen wir Anerkennung.
Weil wir Fehler haben,
brauchen wir Verständnis.
Weil wir unsicher sind,
möchten wir akzeptiert werden.
Weil wir wandelbar sind,
können wir einander verwandeln.
Weil wir unvollkommen sind,
können wir einander lieben.
Wenn wir vollkommen wären,
hätten wir einander nicht nötig.

(Josef Dirnbeck)

 

Wir feiern also Marias Vollkommenheit – und erfreuen uns unserer Gemeinschaft, die es uns ermöglicht, in unserer Unvollkommenheit trotzdem glückliche Menschen zu sein.

‚Gefalle ich dir?‘ Gefalle ich mit meiner Art zu leben Gott? Was sagt Paulus dazu? – Predigt

Dr. Christoph BenkeDamit beschäftigte sich Dr. Christoph Benke in seiner Predigt am 1. Adventsonntag in Schönbrunn-Vorpark.


„Gefalle ich Dir?“ Mit dieser Frage will sich jemand der Zuneigung des Partners versichern. Vielleicht ist eine kleine Unsicherheit da, ob das denn noch so ist … Man wird da auch nicht leicht nein sagen können. Jedenfalls möchte da jemand hören: Ja, Du gefällst mir. Diese Sehnsucht ist tief in uns: anerkannt zu werden; zu hören „Du gefällst mir“.

In einer Ermahnung erinnert Paulus die Gemeinde in Thessaloniki: Ihr habt von uns gelernt, wie ihr leben müsst, um Gott zu gefallen, und ihr lebt auch so; werdet darin noch vollkommener! (1 Thess 4,1). Es gibt also eine bestimmte Lebensart, die Gott gefällt – ein gottgefälliges Leben. Diese Art zu leben lernt man an anderen. Man schaut sie zunächst ab. Dann eignet man sich diese Lebensart nach und nach an.

Was macht ein gottgefälliges Leben aus? Dazu liefert die Lesung Hinweise. Der eine: ‚Ihr lebt schon gottgefällig‘, aber werdet darin noch vollkommener! Das klingt nach Perfektionismus. Gemeint ist aber Wachstum: Euch aber lasse der Herr wachsen und reich werden in der Liebe zueinander (3,12). Unsere Berufung als Mensch und als Getaufte ist, zu lieben und in der Liebe zu wachsen. Die Liebe soll an Tiefe gewinnen und die Mitmenschen und die Mitwelt immer mehr einbeziehen.

Gefalle ich Dir? Es ist richtig, diese Frage an Gott zu richten: Führe ich ein gottgefälliges Leben? Wir dürfen von einem tiefen und dick unterstrichenen Ja ausgehen: Gott hat uns gewollt. Er zieht seine Liebe nie zurück. Aber er hofft, dass wir an seiner Liebe wachsen, sie immer dankbarer beantworten. Wenn wir das im Blick und im Herzen hatten, können wir vor den Menschensohn hintreten, wenn er kommt (Lk 1,36).

Christus ist ein König? – Predigt

Dr. Hans PockMit dieser Frage beschäftigte sich Dr. Johann Pock in seiner Predigt in Schönbrunn-Vorpark am Christkönigssonntag, 24.11.2024. Am letzten Sonntag im Jahreskreis feiern wir das „Hochfest unseres Herrn Jesus Christus, des Königs des Weltalls“. Papst Pius XI. hat es 1925 zur 1600-Jahr-Feier des Konzils von Nicäa eingeführt. Dieses Fest scheint heute ein wenig aus der Zeit gefallen. Mit Königen haben wir heute nur noch selten zu tun, und wenn, verbinden wir mit ihnen Macht. Welche Art von König war dann aber Jesus?


Ich muss zugeben, dass ich mir mit Bild des “Königs” für Jesus etwas schwertue.

Jesus ist der Rabbi; er ist der Sohn des Zimmermanns. Jesus steht auf Einfachheit – aber ein König? 

Könige waren in unserer Welt immer Menschen mit viel Macht; sie wollen ihre Reiche ständig vergrößern. Oder es sind Könige wie heute noch in England oder anderswo: Die nur mehr repräsentieren; die für die Klatschspalten der Zeitungen herhalten müssen; die praktisch mit viel Geld und wenig Macht in einem Museum wohnen.

Zur Zeit Jesu war das ein wenig anders: Im Judentum zur Zeit Jesu verband man mit König alte Zeiten, als unter David und Salomo ein Königreich Israel entstand; als das kleine Volk ein mächtiges Reich war. Und sie setzten die Hoffnung in diesen Jesus, dass er nun der neue König der Juden werden könnte; dass er die fremden Herren, die Römer, aus dem Land jagen sollte. Drei Aspekte möchte ich benennen, die ich vom heutigen Fest bzw. von den heutigen Schriftstellen lerne:

  • Das erste: Jesus ist ein König, der für die Seinen stirbt. D.h. Jesus gibt vor Pilatus selbst zu: Ja, ich bin ein König!

Pilatus bringt das Thema auf den Tisch: Bist du ein König? Er sagt dies zum Gefangenen – und er macht sich lustig über ihn. Du willst ein König sein? Und Jesus gibt das erstaunlicherweise zu: Er ist ein König – aber er entspricht keinem der damaligen oder der heutigen Klischees. Sein Königtum ist nämlich nicht von hier. D.h. er herrscht nicht nach irdischen Maß staben, sondern nach göttlichen; seine Macht wird ihm nicht von irgendeinem Menschen verliehen, sondern von Gott selbst. Sie ist auch nicht zeitlich begrenzt, sondern ewig. Wenn Jesus sich hier als König bezeichnet, dann versteht er darunter etwas anderes: Er sieht den König als den Hirten seines Volkes; als den, der seine Macht dafür einsetzt, gerade den Verlorenen nachzugehen; als den, der sich nicht bedienen lässt, sondern selbst dient.

Seine Macht erweist sich auch in der Ohnmacht des Kreuzes: Die Dornenkrone, die ihm zum Spott aufgesetzt wird, wird zum Zeichen: Er ist König, aber einer, der mitleiden kann; einer, der sogar sein Leben für die Seinen hingibt.

Damit aber wirft er die menschliche Vorstellung von Macht und Herrschaft über den Haufen: Nicht mehr auf Kosten der anderen groß zu werden, sondern im Dienen groß zu sein; nicht mehr andere für sich und das eigene Machtstreben sterben lassen, sondern selber sein Leben für seine Freunde opfern.

  • Das zweite: Er stellt sich und sein Königtum in den Dienst dessen, der ihn gesandt hat. Denn er ist dazu Mensch geworden, den Menschen ein neues Gottesbild zu zeigen:

Er sagt selbst zu Pilatus: Er ist gekommen, um von der Wahrheit Zeugnis abzulegen. Die Wahrheit liegt für ihn nicht in einem Gedankenexperiment; nicht in einer philosophischen Abhandlung – sondern im Tun der Liebe. Indem er sich für die Seinen hingibt, zeigt sich die Wahrheit; indem er die Kleinen groß macht, zeigt sich die Wahrheit. Die Wahrheit ist bei ihm nicht ein Lehrsatz, sondern Wahrheit kann sich nur im eigenen Leben erweisen – und deshalb antwortet er auch nicht auf die Frage des Pilatus: Was ist Wahrheit? – Denn die Frage müsste lauten: Wer ist die Wahrheit – und diese Wahrheit ist Jesus und ist Gott selbst. Und diese Wahrheit heißt: Gott ist die Liebe.

  • Ein drittes: Der König, der einst am Richterthron über uns richten wird – er ist derselbe, der sich in der Krippe ganz klein macht und Mensch wird.

Wir feiern Christkönigssonntag, eine Woche vor Adventbeginn. Heute blicken wir auf den König, auf den Menschensohn, der als Richter und Herrscher auf den Wolken dereinst wiederkommen wird – so beschreiben es die Bilder der Bibel. – Die folgenden Wochen sprechen dann auch von dem König, der verheißen ist; vom Davidssohn, der kommen wird.

Vor dem Hintergrund des heutigen Sonntags kann ich dieses Kind in der Krippe nicht mehr verniedlichen: Denn auch dieses Kind ist Alpha und Omega; ist Anfang und Ende der Geschichte und daher auch meines Lebens.

Vorbereitung auf Weihnachten ist damit immer auch Vorbereitung auf diese Begegnung mit dem König. Und die Frage nach der Wahrheit ist eine Frage, die sich mir da immer stellt: “Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.” – Natürlich möchte ich einer sein, der aus der Wahrheit ist; der Jesu Stimme hört – aber wie geht das? Jesus selber sagt: Ich habe öffentlich gesprochen; ich habe mit meinem Leben Zeugnis abgelegt von der Wahrheit. Er ist der Maßstab für mein Leben; er zeigt mir, dass es nicht um eine Verdammung von Macht geht, sondern darum, wie ich mit der Macht umgehe, die ich habe. Und er zeigt auch, dass Ohnmacht, Krankheit, Not oder Leid uns nicht von Gott trennen, sondern dass wir darin dem König am Kreuz sehr nahe sind.

Drei Aspekte, drei Gedanken für diesen Christkönigssonntag:

  • Christus ist ein König – aber ein König, der seine Macht in den Dienst der anderen stellt.
  • Christus ist die Wahrheit – und zeigt, dass Gottes Wahrheit lautet: Er ist die Liebe, die durch den Tod hindurch geht; ja, die stärker ist als der Tod.
  • Und Christus ist das Kind in der Krippe und der Weltenrichter in einer Person. Er fordert mich heraus, mein Leben an ihm auszurichten.

 

Die letzte Generation? – Predigt

Pater Dr. Clemens Pilar COpDie Lesungstexte der letzten Sonntage im Kirchenjahr scheinen eine wirklich apokalyptische Situation darzustellen, dass alles auf ein Ende zugeht, dass die letzte Generation angebrochen ist. Dass das aber eine verkürzte Sicht der Schriftstellen ist und dass diese in Wirklichkeit hoffnungsvolle Texte sind, hat P. Clemens Pilar COp am 33. Sonntag im Jahreskreis (17.11.2024) in Schönbrunn-Vorpark aufgezeigt.


Wir wissen: Wenn die Texte der Schriftlesung in den Gottesdiensten „apokalyptisch“ werden, dann steht das Ende des Kirchenjahres kurz bevor. Obwohl das Kirchenjahr uns regelmäßig wiederkehrende Feste bereitet, werden wir durch diese Texte daran erinnert, dass die Geschichte doch auf ein Ziel und eine Erfüllung zugeht.

Wir wissen darüber hinaus, dass die ersten Christen noch in der Erwartung gelebt haben, dass sie die Vollendung der Geschichte selbst erleben und dass sie deshalb der „letzte Generation“ angehören. Eigentlich haben also wir Christen das Copyright auf diese Bezeichnung. Heute wissen wir aber auch, dass sich diese Erwartungen so nicht erfüllt haben, und deshalb geht das Leben auch nach 2000 Jahren immer noch weiter.

Freilich kann man diese apokalyptischen Texte in unterschiedlicher Weise lesen. Eine eher oberflächliche Leseweise führt dazu, dass wir etwa an Katastrophenfilme von Roland Emmerich erinnert werden. Der lässt in einem seiner Filme sogar den Mond auf die Erde fallen. Man denkt wirklich an das Weltende, vor allem wenn man die Rede vom Menschensohn hernimmt, den man auf Wolken kommen sieht… alles das stachelt die apokalyptischen Fantasien an. Nur irgendetwas stimmt an dieser Leseart offensichtlich nicht, denn Jesus sagt: „Diese Generation wird nicht vergehen, ehe all das geschieht.“ Dann muss es ja schon passiert sein. Ist es also bereits geschehen?

Tatsächlich kann man diese Texte auch anders lesen – und dann werden sie hoffnungserweckend, gerade auch für Zeiten wie jene, die wir gerade erleben. Aber dazu muss man die Symbolsprache der Bibel erschließen und den zeitlichen Kontext, in dem Jesus diese Rede gehalten hat, mitbedenken. Probieren wir das einmal aus.

Die Situation war politisch sehr angespannt. Ständig kam es zu kleineren messianischen Aufständen gegen die Römer im Land, es war nur eine Frage der Zeit, bis es zu einer großen Explosion kommt. Das war dann ab dem Jahr 66 der Fall. In der vorangegangenen Stelle hat Jesus von dieser kommenden Drangsal gesprochen. Er hat auch klar angesagt, dass die Stadt zerstört werden wird und es am besten ist, nicht bis zum Schluss darin auszuharren, sondern rechtzeitig in die Berge zu fliehen.

Aber jetzt sagt Jesus etwas, das tröstlich ist und Hoffnung macht. Die politischen Kräfte und Mächte haben nicht das letzte Wort. Wenn Jesus hier von Sonne und Mond spricht, dann meint er nicht die Himmelskörper als solche. In der heidnischen Welt galten diese als Götter, und die Mächtigen haben sich auf diese Götter berufen. Die Sonne stand für Rom, der Mond für die Vasallenreiche, die Sterne für die „Stars“ der politischen Szene. Jesus sagt, dass diese Götter ihre Macht verlieren werden, genauso wie die Fürsten, die sich auf diese Götter berufen haben. Das sind die Sterne, die vom Himmel fallen, gefallene „Stars“ eben.

Und was hat es mit dem Menschensohn, der auf den Wolken des Himmels kommen wird, auf sich? Die „Wolke“ galt schon im Alten Testament als ein Symbol für die göttliche Gegenwart. In einer Wolke hat Gott sich auf das Offenbarungszelt in der Wüste herabgelassen. Aus einer Wolke hat Gott auf dem Berg der Verklärung gesprochen. Nun spricht Jesus davon, dass der „Menschensohn“ auf einer Wolke gesehen wird, das heißt nichts anderes, als dass die Göttlichkeit des Menschensohnes offenbar wird. Wann wird das sein? Oder ist das schon geschehen? Es geschah an dem Tag und in „der Stunde“, von der niemand wusste, wann diese sein wird. Denn wenn von „der Stunde“ die Rede ist, ist die Stunde der Verherrlichung des Sohnes gemeint. Diese vollzog sich nirgendwo anders als auf Golgotha. Es war sogar ein römischer Soldat, der als Erstes dieses Bekenntnis ausgesprochen hat: „Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn“. (Mk 15, 39)

Bald darauf wurden die „Engel“ in alle Himmelsrichtungen ausgesandt, um die Auserwählten zu sammeln. Jetzt müssen wir bedenken, dass hier nicht die Rede ist von den „Engeln des Himmels“ – von denen ist auch manchmal die Rede, nicht aber hier. Das griechische Wort Angelos bedeutet zunächst ja nur „Bote“. Tatsächlich sind nach dem Tod und der Auferstehung Jesu die Apostel, also die Boten, in die ganze Welt gesandt worden, um die Menschen in einer neuen Gemeinschaft zu sammeln.

Jetzt wollen wir zusammenfassend ein Fazit ziehen und herauslesen, welche Hoffnungsbotschaft darin enthalten ist. Die erste Hoffnungsbotschaft: Politische Reiche haben immer ihr Ablaufdatum. Selbst das römische Reich, das unbesiegbar schien, ist zusammengebrochen. Es hat sein Licht verloren. So wird es bei allen Reichen sein, egal wie bedrohlich sie sich auch gebärden. Wenn man mitten in einer großen Bedrängnis lebt, kann man sich oft gar nicht vorstellen, dass das einmal zu Ende gehen wird (so konnte sich meine Mutter, die als Jugendliche den Nationalsozialismus erlebt hat, nicht vorstellen, dass das jemals zu Ende geht. Es war alles so übermächtig, dass es unüberwindbar schien. Nach wenigen Jahre aber war der Spuk vorbei.). So wird es mit allen Reichen sein, mit allen den politischen Mächten – das gilt auch heute.

Dagegen erstrahlt die ganz andere Herrlichkeit des Menschensohnes, der am Kreuz gesiegt hat, der durch sein Sterben am Kreuz, die Hingabe seines Lebens als Sohn Gottes offenbar geworden ist. Ausgehend von ihm wird ein anderes Volk gesammelt, das sich nicht durch eine bestimmte Nationalität auszeichnet (und deshalb keinen Nationalismus kennt), weil es aus allen Himmelsrichtungen – und damit aus allen Völkern und Nationen zusammenströmt.

Für uns gilt deshalb, dass wir uns bei allen Turbulenzen in unserer Zeit, bei all dem, was auch weltpolitisch so gefährlich erscheint, einfach, so gut es eben geht, um das andere „Reich“, um das Reich Gottes kümmern. Hier gelten andere Gesetze als in der Welt. „Sucht zuerst das Reich Gottes, alles andere wird euch dazugegeben.“ – So hören wir es in der Bergpredigt. Auch wir wissen nicht, was kommt und was der Morgen bringt. Aber es könnte sein, dass wir nicht die letzte Generation sind und dass es sich lohnt, sich für eine bessere Zukunft einzusetzen und mitzuwirken an der Ausbreitung des Gottesreiches. Das freilich geschieht ruhig, unspektakulär – ganz nach der Art des Sauerteiges. Die Reiche dieser Welt werden vergehen. Was auf Gott gegründet ist, hat Bestand für immer.

 

 

Glaube und Denken – Predigt

Pater Dr. Clemens Pilar COpWie wurden von Schriftgelehrten die Liebesgebote verstanden und wie sieht sie Jesus? Was wird betont und was wird übersehen? Wie fasst Jesus sie schließlich zusammen? Mit diesen Fragen beschäftigte sich P. Clemens Pilar Cop in seiner Predigt am 31. Sonntag im Jahreskreis (03.11.) in Schönbrunn-Vorpark.


Das heutige Evangelium schildert uns eigentlich eine ungewöhnliche Szene. Ungewöhnlich ist nicht, dass ein Schriftgelehrter Jesus eine Frage stellt. Das kommt immer wieder vor. Aber normalerweise finden wir da immer die zusätzliche Feststellung, dass es bei diesen Gelegenheiten immer darum ging, Jesus auf die Probe zu stellen, bzw. ihn in eine Falle zu locken, um einen Grund für eine Anklage gegen ihn zu haben. Hier aber fehlt dieser Zusatz. Dieser Schriftgelehrte ist anders, er ist wirklich an der Meinung Jesu interessiert.

Und die Frage, die dieser Jesus stellt, hat damals die Schriftgelehrten wirklich beschäftigt. Traditionsgemäß hat man damals 613 Gebote und Verbote gezählt, eine Zahl, die sich aus den 365 Tagen des Jahres und der damals angenommenen Anzahl der Glieder des Menschen (248) entsprach. Vorherrschend war die Ansicht, dass das Sabbatgebot das Wichtigste sei, denn auch Gott halte den Sabbat ein. Dieses Gebot wurde als so wichtig erachtet, dass immer genauer definiert wurde, was man am Sabbat alles nicht tun durfte, damit die Sabbatruhe nicht gebrochen wird. Am Ende hat man 1521 Tätigkeiten aufgelistet, die am Sabbat verboten waren. Bei Zuwiderhandlung drohte – zumindest theoretisch – die Todesstrafe.

Der Schriftgelehrte, der da zu Jesus kam, war scheinbar mit dieser Lösung nicht zufrieden und will jetzt wissen, wie Jesus das sieht. (Zuvor hatte der Schriftgelehrte nämlich staunend wahrgenommen, wie klug Jesus anderen Schriftgelehrten gekontert hatte, die ihn tatsächlich auf die Probe stellen wollten.)

Nun, Jesus antwortet mit dem uns gut bekannten Doppelgebot der Liebe, und der Schriftgelehrte freut sich über diese Antwort, weil er offenkundig auch so dachte – anders eben als viele seiner Kollegen – und jeder freut sich, wenn seine Meinung bestätigt wird. Jesus wiederum ist auch erfreut, einmal einen Religionsspezialisten zu finden, der ihm nicht feindlich gesinnt ist. So bestätigt nun auch Jesus diesen mit den Worten: „Du bist nicht fern vom Reich Gottes.“ Damit kehrt vorerst Ruhe ein.

Wir können aber nachfragen, warum Jesus diesem Schriftgelehrten bloß zugesteht, „nicht fern“ vom Reich Gottes zu sein. Warum sagt er nicht: „Du hast es gecheckt, du bist ein Sohn des Gottesreiches“? In einem Punkt lässt sich das leicht klären. „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ – Wir verstehen dieses Gebot meistens nicht so, wie es im Buch Levitikus gemeint ist. Wir meinen, dass dieses Gebot eine Erkenntnis moderner Psychologie bestätigt, demnach jemand, der sich selbst nicht annehmen kann, schwerlich andere lieben kann. Darum müsse man an einem gesunden Selbstwertgefühl arbeiten. Aber zurzeit, als dieses Gebot formuliert wurde, wurde es nicht in diesem individualistischen Sinne verstanden. Gemeint war, dass man alle Volksgenossen genauso lieben soll wie die Angehörigen des eigenen Clans. Aber über die Volksgenossen hinaus war keine Liebe verlangt. Hier war also nachzubessern – das lesen wir dann im Lukasevangelium (vgl. Lk 10, 25-37). Dort klärt Jesus, dass diese Nächstenliebe alle nationalistischen Grenzen übersteigen muss. Jeder Mensch ist ein Nächster, auch dann, wenn er einer verhassten Volksgruppe angehört. Also haben wir einen Punkt, wo der Schriftgelehrte vielleicht noch lernen muss.

Aber da gibt es noch einen zweiten Punkt, der mir sehr interessant und wichtig erscheint. Wir haben in der ersten Lesung die Urform des Gebotes der Gottesliebe gehört, die Jesus dann zitiert. Leider geht das in der Liturgie so schnell, dass wir meistens den feinen Unterschied zwischen beiden Versionen nicht bemerken. Im AT heißt es, dass man Gott mit seinem ganzen Herzen, ganzer Seele und ganzer Kraft lieben soll. Jesus fügt einen vierten Aspekt hinzu. Er sagt, dass man Gott mit ganzem Herzen, ganzer Seele, mit ganzem Denken und ganzer Kraft lieben soll. Hier kommt das „Denken“ hinzu. Wörtlich ist von der „Dianoia“ die Rede, vom „Durchdenken“. Die Gottesbeziehung soll auch den Verstand miteinbeziehen. Glaube und Gottesliebe sollen reflektiert sein. Und diese Dianoia meint ein wirklich freies Denken: Stell dich deinem Glauben, deiner Gottesbeziehung. Was bedeutet es überhaupt, Gott zu lieben? Wie kann man Gott lieben? Die Gottesbeziehung ist nicht bloß eine emotionale Angelegenheit.

Der Schriftgelehrte reduziert zwar in seiner Antwort die Aspekte der Gottesliebe wieder auf drei, aber er bezieht den Verstand mit ein (er lässt die Seele weg). Scheinbar ist es dasselbe – aber der Begriff im Urtext zeigt, dass der Schriftgelehrte zwar am richtigen Weg ist, aber noch einen Schritt zu gehen hat. Er spricht nicht vom Denken, der Dianoia, sondern vom Verstand – im Griechischen steht hier das Wort „Synesis“. Der Schriftgelehrte, der der Synesis fähig ist, ist kein Fundamentalist, sondern einer, der alle Schriften genau ansieht, vergleicht und deshalb zu kritischen Deutungen fähig ist. Aber er bleibt noch ganz bei der Schrift, bei dem, was da vorliegt, er ist eben ein Schriftgelehrter, aber immerhin einer der kritischen Art. So ist er fähig, zwei unterschiedliche Schriftstellen, die eine aus dem Buch Deuteronomium, die andere aus dem Buch Levitikus zusammen zusehen und aus dem Gesamtzusammenhang zu schließen, dass da etwas wichtiger ist als das strenge Sabbatgebot. Damit ist er nicht fern vom Reich Gottes, aber es scheint, dass ein letzter Durchbruch in die Neuheit dieses Reiches noch aussteht.

Jesus ermutigt aber, das ganze Denken einzubringen. Dazu darf der Blick in die Schrift und die alten Traditionen nicht fehlen. Aber dazu kommt ein offenes Wahrnehmen des Lebens, wie es sich in der Schöpfung zeigt, wie es sich in den Begegnungen zeigt. Diese Art der Gottesliebe ist zugleich von einer tiefen Liebe zum Menschen durchdrungen und führt zu der immer neuen Frage, was dem Menschen wirklich hilft, was ihn wirklich leben lässt. Der Buchstabe des Gesetzes reicht nicht, um diese Fragen erschöpfend zu beantworten. In der Bergpredigt fasst Jesus deshalb das ganze Gesetz und die Propheten in der goldenen Regel zusammen (vgl. Mt 7, 12). Erst wer sich dieser Weite des Denkens öffnet, wird fähig, dort, wo es angezeigt ist, auch religiöse Praktiken und Regulierungen zu hinterfragen. Der Umgang Jesu mit dem Gesetz zeigt, was das bedeutet. Er schafft das Gesetz nicht ab, aber er relativiert es auf das Lebensdienliche hin.

Das Reich Gottes ist dort, wo das Gelingen des Lebens im Zentrum steht, der „Schalom“, und wo ausgehend von diesem Ziel alle Regeln formuliert werden.

Im Johannesevangelium hören wir dann, wie Jesus dieses Liebesgebot – das wir jetzt in der Formulierung des Alten Bundes gehört haben – für die Menschen des neuen Bundes neu formuliert. Für die Menschen des Neuen Bundes gibt es eigentlich kein Doppelgebot mehr, sondern nur noch eines, ein ganz neues: „Liebt einander. So wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ (Joh 13, 34) Gottes und Nächstenliebe fallen dann auch grammatisch untrennbar in eins. Zudem wird dabei deutlich, dass Gott den Anfang in der Liebe macht. Der Mensch darf empfangen und dann das Empfangene weitergeben.

Clemens Pilar COp

 

Unser Gütesiegel

Dr. Christoph BenkeIn seiner Predigt am Allerheiligenfest am 01.11. 2024 in Schönbrunn-Vorpark machte Dr. Christoph Benke die Gemeinde darauf aufmerksam, dass wir durch die Taufe ein Gütesiegel erhalten haben. Ist dieses an uns sichtbar?


Wer einkaufen und dabei ein gutes Gewissen haben will (und es sich auch leisten kann), schaut nach öko-, bio– oder fair-Produkten. Diese Produkte sind mit einem Gütesiegel gekennzeichnet. AMA-Biosiegel, AMA-Gütesiegel … längst ein unübersichtliches Labyrinth. Jedenfalls ist dieses Siegel ein Kennzeichen, das ein Produkt heraushebt – ein Qualitätsmerkmal.

Wir feiern heute Allerheiligen. Wir feiern die „mit dem Siegel des lebendigen Gottes“ Gekennzeichneten. So nennt die Offenbarung des Johannes die hundertvierundvierzigtausend, die das Siegel trugen (Offb 7,4). Ein Siegel ist ein Kennzeichen. An jenen, die dieses Siegel tragen, lässt sich etwas ablesen. Davon sprechen die anderen Verse unserer Lesung – wir greifen 4 Merkmale heraus: Es sind Menschen, die bekennen, dass die Erlösung, die Rettung nur von Gott kommt; Menschen also, die vor Gott (und vor sonst nichts und niemandem) in die Knie gehen. Die Heiligen sind Glaubende, die aus der großen Bedrängnis kommen (V 14). Sie haben große äußere und innere Schwierigkeiten durchgemacht und sind dabei nicht bitter oder zynisch geworden. Sie haben ihre Gewänder im Blut des Lammes gewaschen (V 14), haben sich also in aller Bedrängnis am Kreuz Jesu Christi festgehalten. Jetzt ist ihnen ein reines Herz geschenkt worden, mit dem sie Gott schauen (Mt 5,8).

Als Getaufte sind wir mit dem Siegel des lebendigen Gottes gekennzeichnet. Damit ist unser Lebensprojekt skizziert. Das ist Gütesiegel, ein Qualitätsmerkmal! Möge es also an uns ablesbar sein und immer mehr werden, wie dieses Siegel unser Leben orientiert.

Christoph Benke

Lebendige Steine – und heilige Räume

Dr. Hans PockAus Anlass des Kirchweihfests von Schönbrunn-Vorpark (6. Oktober 2024) führte Dr. Johann Pock in seiner Predigt die Geschichte der Versammlungsräume von Christinnen und Christen aus und verwies darauf, dass auf dem entscheidenden Fundament Jesus Christus ganz wichtig die Menschen sind, die gemeinsam Kirche vor Ort leben und gestalten.


Ich finde es immer wieder interessant und irritierend, dass zum Kirchweihfest das Evangelium von der Tempelreinigung kommt. Diese Stelle wird nämlich auch in der Fastenzeit gelesen – und dort geht es darum, dass wir selbst dieser Tempel Gottes sind; dass wir selbst darauf schauen sollen, dass wir unseren Leib und unseren Geist, unser Leben nicht mit Nebensächlichkeiten zumüllen und belasten.

Beim Kirchweihfest haben wir aber wirklich diesen Bau vor Augen, diese Kirche, gebaut auf den Fundamenten der Vergangenheit. Einmal im Jahr werden wir daran erinnert, dass es nicht selbstverständlich ist, kirchliche Räume zu haben.

Räume zur Versammlung seit den Anfängen des Christentums

Und wir feiern, dass unser Glaube auch Räume braucht. Und Räume zum Feiern waren von Anfang des Christentums an wichtig: Zunächst waren es hunderte Jahre lang die Häuser von wohlhabenden Christinnen und Christen – und wer schon mal in Rom in San Clemente war, kann noch die Grundmauern des ursprünglichen Hauses sehen, auf das dann die erweiterte Kirche gebaut wurde.

Erst mit Kaiser Konstantin und der Anerkennung der Christen als Religion wurde es möglich, große Versammlungsräume zu bauen. Dabei hat man zum einen an Synagogen Anleihe genommen; zum anderen an den römischen Versammlungshallen, den Basiliken.

Sehr früh wurden dann Kirchen auch geweiht und damit für den religiösen Zweck gewidmet. Die Weihe erfolgte auch durch das Anbringen und Segnen von zwölf Apostelkreuzen an den Kirchenwänden. Damit wird deutlich gemacht: Unsere heutigen Kirchen stehen auf dem Fundament der Apostel.

Kirche – erbaut auf dem Fundament von Menschen

Für mich ist dieser Aspekt einer der wichtigsten bei jeder Kirchweihfeier: Es geht nicht nur und nicht ausschließlich um diese Steine, um den physischen Kirchenbau. Sondern es geht um die Menschen, die von Anfang an die Kirche erbaut haben. Zunächst waren es die 12 Apostel. Dann waren es die weiteren Jünger, die die Botschaft Jesu hinausgetragen haben in die Welt.

Hier und heute in Schönbrunn-Vorpark können wir an die Menschen und Familien denken, die hier die Kirche aufgebaut haben: Zum einen wirklich diesen Kirchenbau. Aber vor allem jene Menschen, die hier über Jahrzehnte die Gemeinde lebendig gehalten haben und lebendig halten.

Denn so schön ein Kirchenbau sein kann – ohne die Menschen darin ist er totes Gestein. Denn die eigentliche Kirche, das sind Sie / seid ihr alle hier. Der 1. Petrusbrief sagt es so schön: „Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen.“ Darum geht es beim Kirchweihfest: Dass wir selbst dieses Haus Gottes sind, wo Gott gegenwärtig ist.

Grund-, Eck- und Schlusssteine – und Christus als Fundament

Schließlich gibt es bei solchen Bauten auch immer besondere Steine: Zum einen den ersten Stein, gewissermaßen der Grundstein, das Fundament – Jesus sagt, dass dies die Apostel sind. Damit ein solcher Bau auch Erschütterungen aushält, braucht es gute Fundamente. Ein Blick in die Bibel; ein Blick auf jene, die uns vorausgegangen sind, kann uns helfen, Erschütterungen zu überstehen.

Aber auch Christus wird mehrmals als wichtiger Stein genannt: Entweder als der Eckstein, an dem Anstoß genommen wird; oder auch als der Schlussstein, der alles zusammenhält. Wunderschön sieht man das in gotischen Kirchen – wo ein wunderschön verzierter Schlussstein so manches Gewölbe zusammenhält. Und das verweist uns darauf, dass die Kirche immer die Kirche Jesu Christi ist. Sie ist niemals Selbstzweck, sondern dient dazu, dass wir auf ihn hin verwiesen werden; dass wir uns versammeln um ihn. In unserer gemeindlichen Versammlung ist Christus gegenwärtig: Im Wort der Heiligen Schrift; in Brot und Wein, den eucharistischen Gaben.

Die Zukunft der Kirche sind die Menschen in ihr

Wir feiern heute Kirchweih hier in der schönen Kirche in Schönbrunn-Vorpark. Ich wünsche allen, die mitfeiern, heute diese Erfahrung, getragen zu sein von der Geschichte dieser Kirche; von denen, die vorangegangen sind: Den Menschen, die hier gefeiert haben – Taufe, Hochzeiten oder auch Verabschiedungen am Ende des Lebens. Den Menschen, die hier gehofft und geglaubt haben.

Ich wünsche euch allen, dass die Kirche von Schönbrunn-Vorpark auch weiterhin ein Ort lebendigen Glaubens bleibt – ein Ort, wo ein wenig von dem spürbar wird, was Petrus voll Inbrunst bekennt: Jesus, du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes.

Johann Pock

Propheten

Dr. Christoph BenkeVon Wetterpropheten, Propheten in der Zeit der Bibel und heute und der Tatsache, dass wir durch die Taufe mit Jesus Christus verbunden sind, und daher auch Anteil haben an seinem Prophetentum, sprach Dr. Christoph Benke in seiner Predigt am 26. Sonntag im Jahreskreis (29.09.2024) in Schönbrunn-Vorpark.


Die Bedeutung einer präzisen Wettervorhersage ist uns in den letzten Tagen deutlich geworden. Viele der Berechnungen trafen tatsächlich ein. Damit ließ sich noch größerer Schaden vermeiden. Die Wetterpropheten, so heißen sie ja umgangssprachlich, bekamen – leider – recht.

Das ist das landläufige Verständnis von Propheten: Sie sagen Ereignisse vorher, noch bevor diese eingetroffen sind. Von Propheten handelt die Lesung aus dem Buch Numeri. Gott legt etwas von seinem Geist auf die siebzig Ältesten – mit der Folge, dass sie prophetisch reden. Dieser Geist Gottes wird verliehen, gegeben; der Mensch kann sich ihn nicht nehmen oder herstellen. Wird der Geist genommen, endet die prophetische Gabe. Eine merkwürdige Szene!

Und doch: Auch heute gibt es Propheten. Es sind Menschen, die gut hinschauen und laut sagen, was sie sehen, z.B. ein großes Unrecht. Sie schreien laut oder sie singen oder malen mit Tiefblick oder mit Weitblick. Sie können gar nicht anders, es drängt sie. Sie erheben warnende, mahnende, erinnernde Stimmen. Nicht selten kommen sie von außen, aus einem ganz anderen Stall. Im eigenen Land gelten sie nichts – darauf weist ja Jesus hin (Mk 6,4).

Mose äußert den Wunsch: Wenn nur das ganze Volk des HERRN zu Propheten würde, wenn nur der HERR seinen Geist auf sie alle legte! (V 29). Sein Wunsch ist in uns Getauften in Erfüllung gegangen! Seit unserer Taufe sind wir mit Jesus Christus auf ewig verbunden. Er ist der Priester, König und Prophet – und wir sind es mit ihm. Sein Geist wird uns nicht mehr genommen. Jesus Christus lässt uns mittun an seinem Prophetensein.

Wie soll man sich das vorstellen? Das muss nichts Spektakuläres sein – etwas Zivilcourage zwischendurch wäre schon sehr gefragt.

Christoph Benke

Enttäuschung

Dr. Christoph BenkeWir erleben in unserem Leben immer wieder Enttäuschungen – große und kleine. Aber auch über uns selbst sind wir immer wieder enttäuscht. Wie Elija kann diese Enttäuschung über uns selbst uns offen machen für die Begegnung mit Gott. Darüber predigte Dr. Christoph Benke am 19. Sonntag im Jahreskreis (11. August 2024) in Schönbrunn-Vorpark.


In einem Bewerb der Olympischen Spiele den 4. Platz einzunehmen, ist vor allem dies: eine schwere Enttäuschung. Wurden Sie in Ihrem Leben enttäuscht? Ich meine hier die großen Enttäuschungen: Ihr Vertrauen wurde missbraucht; Sie wurden aus der Firma gemobbt; Sie wurden von Ihrem Lebenspartner verlassen; Sie haben ein Ziel nicht erreicht … solche Enttäuschungen kommen gewissermaßen von außen, durch die Lebensumstände.

Von etwas anderer Art ist die Enttäuschung über sich selbst. Da dachte jemand stets: ‚So etwas kann mir nicht passieren. Das würde ich nie machen. So bin ich nicht‘. Doch dann die Ernüchterung und das Eingeständnis: ‚Ich habe mich über mich getäuscht. Ich bin nicht so, wie ich meinte, dass ich bin.‘

Elija ging eine Tagereise weit in die Wüste hinein. Dort setzte er sich unter einen Ginsterstrauch und wünschte sich den Tod. Er sagte: Nun ist es genug, HERR. Nimm mein Leben; denn ich bin nicht besser als meine Väter. (1 Kön 19,4) Die Enttäuschung Elijas muss abgrundtief gewesen sein: Er wünscht sich sogar den Tod. Es zeigte sich: Nichts ist so, wie er meinte, dass es ist. Und vor allem er, Elija, war nicht der, für den er sich hielt; jedenfalls nicht besser als seine Väter. Elija „wurde eines Besseren belehrt“.

Offensichtlich leitet uns häufig die Vorstellung, die anderen irgendwie zu überragen, besser zu sein als sie. Diese Erhöhung muss enttäuscht werden, damit ‚das Bessere‘, nämlich die Wahrheit, Platz hat.

Vielleicht konnte Elija später, im Rückblick, in dieser brutalen Ernüchterung bereits das erste Anrühren durch den Engel sehen. Der Engel kommt dann noch einmal und sagt: Steh auf und iss! Irgendwie kommen wir wieder zu Kraft und Zuversicht. Wir machen uns wieder auf den Weg, hoffentlich hin zum Gottesberg Horeb. Die Enttäuschung über uns macht uns tauglich für die Begegnung mit Gott.

Christoph Benke

Wofür mühen wir uns?

Dr. Christoph BenkeWofür nehmen wir Mühen, Kraft und Zeit auf uns in unserem Leben? Diese Frage stellte Dr. Christoph Benke in seiner Predigt am 18. Sonntag im Jahreskreis (4. August 2024) in Schönbrunn-Vorpark. Wir müssen uns mühen für das ewige Leben, aber das ist nur unsere dankbare Antwort auf Gottes Mühen um uns.


August ist Urlaubsmonat. Menschen gehen nicht zur Arbeit, sondern an den Strand, in den Wald, auf den Berg, ins Museum. Endlich für längere Zeit den beruflichen Alltag und seine Mühe hinter sich lassen und sich erholen! Auch wer das Berufsleben hinter sich hat, lebt keineswegs mühelos. Mühe: Das Wort hat seine Schwere. Es vermittelt Anstrengung und Beschwerlichkeit.

Im Evangelium verwendet Jesus sich abmühen: Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt und die der Menschensohn euch geben wird! (Joh 6,27). Die Speise, die verdirbt, meint das Manna. Einst war es dem Volk Rettung in der Wüste. Aber es war schnell verdorben. Was Jesus gibt und geben wird, hat hingegen Bestand, sogar für die Ewigkeit.

Dieses Jesuswort stellt uns die Frage: Wofür mühe ich mich ab? Welche Anstrengung nehme ich auf mich für welches Ziel? Wohinein investiere ich Kraft, Mühe und Zeit? Und: Ist es das wert? Wächst damit Vertrauen und Liebe? Führt es in die größere Freiheit?

Paulus spricht von den „Begierden des Trugs“ (Eph 4,22). Was so faszinierend vor Augen steht, könnte auch Blendung, Trug sein. Wir müssen also unterscheiden und hin spüren lernen, mit einem gläubigen Herzen. Ein Einsatz, der etwas kostet, sollte sich vor Gott, vor den Mitmenschen und vor dem eigenen Gewissen verantworten können.

Anstrengung, Mühe – das klingt nach Klimmzug und Fitnessstudio. Aber Jesus sagt ja: Müht euch ab für die Speise, die bleibt. Ja, wir müssen uns anstrengen für das ewige Leben. Aber das kommt weniger aus einem Kraftakt als aus dankbarer Liebe. Denn vergessen wir nicht: Immer schon und zuerst müht sich Gott immer schon um uns Menschen.

Christoph Benke