‚Euer Herz lasse sich nicht verwirren: Glaubt an Gott und glaubt an mich.‘ ‚Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!‘ ‚Wenn ihr mich um etwas in meinem Namen bittet, werde ich es tun.‘ Diese drei Sätze aus dem Evangelium (Joh 14,1-12) stellte Dr. Johann Pock ins Zentrum seiner Predigt in Schönbrunn-Vorpark am 5. Sonntag der Osterzeit.
Eine Fülle von Themen gibt uns das heutige Evangelium zum Bedenken mit. Es ist Beginn der Abschiedsreden Jesu an seine Jünger – und entsprechend verdichtet und intensiv ist das, was er sagt. Daher möchte ich nur 3 Themen, 3 Sätze herausgreifen, von denen ich meine, dass sie für uns als Christen, für unser Leben in dieser Zeit wesentlich sein können:
1) Euer Herz lasse sich nicht verwirren: Glaubt an Gott und glaubt an mich.
Verwirrung und Unsicherheit gerade in Fragen des Glaubens sind etwas Zeitloses und gibt es auch heute zur Genüge. So viele unterschiedliche Meinungen hören wir – und jede mit dem Anspruch: „Ich habe die Wahrheit!“ So viele Strömungen innerhalb und außerhalb der Kirche; und die Frage: Woran soll ich mich halten? Was soll ich glauben? Wer hat Recht und ist im Besitz der Wahrheit?
Was sind wirklich „good news“ und was sind „fake news“?
Und immer besteht die Gefahr, fundamentalistisch zu werden – d.h. eben ohne zu hinterfragen – einer Meinung blind zu folgen.
Jesus hat selbst die Erfahrung gemacht, dass verwirrende Gedanken sein Herz beeinflussen: Nach 40 Tagen in der Wüste wird er versucht vom „Diabolos“, vom Teufel – und Diabolos heißt: „Der Verwirrer“, der die Gedanken durcheinanderwirbelt. Jesus widersteht der Versuchung, weil er an Gott glaubt; weil er weiß, dass er sich nicht über Gott setzen darf.
Er hat selbst erfahren, dass die Jünger sehr leicht verwirrt werden, Angst haben – so im Boot beim Seesturm, als sie drohen unterzugehen. Und Jesus sagt ihnen dort: Habt ihr keinen Glauben? Sein Rezept gegen Unsicherheit ist: Glaubt an Gott; haltet an ihm fest, vertraut auf ihn – und auf Jesus selbst.
Der feste Glaube an diesen Gott und an Jesus, seinen Sohn, kann Halt geben. Diesen festen Glauben kann man aber nicht verordnen – sondern er entsteht langsam im Leben; aus den Erfahrungen, dass Gott uns nicht fallen lässt. Er entsteht im Vertrauen auf Menschen, die glauben; im Blick auf ihr Lebenszeugnis – seien es Heilige; seien es Vorbilder des Lebens; seien es z.B. Mütter oder Väter, Großeltern, LehrerInnen, vielleicht auch Seelsorgerinnen und Seelsorger – die uns im Glauben stärken.
Gerade im Mai ist es vielleicht für viele auch Maria, die ein Beispiel für diesen Glauben ist: Sie lässt sich nicht verwirren von den Menschen, die Jesus verfolgen; sie hält zu ihrem Sohn und glaubt an ihn und an seine Sendung; vor allem aber glaubt sie an den Gott, der sie zur Mutter Jesu auserwählt hat.
2) Ein wesentlicher Grund für die Kraft dieses Glaubens liegt im zweiten Satz im Evangelium, den ich hervorheben möchte: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!“
Jesus ist selbst der Weg – wer sich auf ihn einlässt, der kann das Ziel nicht verfehlen, welches lautet: Reich Gottes, Himmelreich – oder wie heute im Evangelium: Wohnung, Heimat zu haben beim Vater.
Jesus ist der Weg – er gibt die Richtung an, aber gehen müssen wir den Weg schon selbst. Sein Weg lautet: Liebt Gott und den Nächsten wie euch selbst; und: achtet auf jene am Wegrand; den Weg Jesu gehen heißt auch: gemeinsam unterwegs zu sein. Daher ist mir das liebste Bild für die Kirche auch jenes des wandernden, pilgernden Gottesvolks: Damit bekennen wir, dass wir noch nicht angekommen sind mit unserem Glauben und unserem Leben; wir sind Pilger in dieser Welt – aber mit der Gewissheit, dass Gott uns vorangeht.
Ich finde es immer wieder spannend, dass einer der ersten Namen für die Gemeinschaft Jesu, für die frühe Kirche, die Bezeichnung „Der Weg“ war: Das Christentum als der Weg zum Leben.
Wer sich auf Jesus und auf seinen Weg einlässt, hat aber zugleich die Wahrheit, die so schwer zu finden ist. Es ist keine Wahrheit, die andere lächerlich macht oder dumm dastehen lässt; keine Wahrheit, die messerscharf trennt.
Seine Wahrheit, die Wahrheit der Botschaft Jesu, erweist sich darin, dass bei Jesus Leben und Lehre übereinstimmen; dass er all das tut, was er verkündet; dass er nicht nur grenzenlose Liebe predigt, sondern aus Liebe für die Seinen sogar sein Leben gibt. Es ist eine Wahrheit, die Gott als wahr erweist; die zeigt, dass er es gut mit uns Menschen meint.
Und sein Weg ist der Weg des Lebens: Denn im innersten Kern seiner Botschaft heißt es: Gott ist ein Gott der Lebenden, nicht der Toten; er ist es, der Jesus auferweckt; er ist es, der dem Tod den Stachel der Absolutheit nimmt – Tod ist nicht mehr tot für immer!
Er ist Weg – Wahrheit – Leben.
3.) Ein letzter Satz ist mir auch noch wichtig: „Wenn ihr mich um etwas in meinem Namen bittet, werde ich es tun.“
Jesus zwingt niemanden, an ihn zu glauben; er ist kein Sektenführer, der Menschen einfängt, um sie gegen ihren Willen festzuhalten. Seine Botschaft ist eine Einladung: Gott bietet dem Menschen Leben, er bietet Wohnung bei sich; er bietet ein Lebenskonzept, das Erfüllung bringen kann – aber er zwingt uns nicht dazu, diesen Weg zu gehen. – Deshalb sagt Jesus: Wenn ihr bittet, werde ich es tun. Nicht weil er sich ziert und gebeten werden will; sondern weil er unsere Freiheit, unseren freien Willen achtet. – Und genau das macht mir diese christliche Botschaft so sympathisch im Widerstreit der Meinungen der heutigen Zeit; im Streit darum, was Wahrheit ist; woran wir uns halten sollen.
Drei Botschaften gibt mir dieses Evangeliums – und doch ein gemeinsames Ziel, nämlich den Glauben an Gott: Wir sollen uns nicht verwirren lassen; wir können uns an Jesus halten, der Weg, Wahrheit und Leben ist – und wir dürfen Gott um alles bitten, weil er uns aus seiner Güte alles schenken will, was wir brauchen.
Johann Pock