Jesus setzt bei dem an, was da ist, was zur Verfügung steht. Auch wir sind dazu aufgerufen. Und dann geht es darum, dass wir Liebe multiplizieren, indem wir sie teilen. Denn Leben kann man nicht allein, sondern nur in Gemeinschaft. Das führte Dr. Johann Pock in seiner Predigt am 17. Sonntag im Jahreskreis (28. Juli 2024) in seiner Predigt ausgehend vom Wunder der Brotvermehrung in Schönbrunn-Vorpark aus.
“Gib uns unser tägliches Brot!“ – So beten wir jedes Mal im Vaterunser. Man könnte sagen: Gib uns das, was uns am Leben erhält; das, was uns leben lässt.
Das heutige Evangelium erzählt davon, wie Jesus den Menschen Nahrung gibt: 5 Brote und 2 Fische reichen für alle. Ist das nicht ein Märchen? Science Fiction? Was ist dies für ein Wunder, das uns erzählt wird?
Mit dieser Brotvermehrungsszene sind wir bei einer der zentralen Stellen des Evangeliums. Schauen wir genauer hin: Zunächst sehen wir: Jesus hat Augen für das tägliche Brot, dafür, was die Menschen brauchen! (So wie schon im Evangelium des letzten Sonntags, wo es heißt: “Jesus hatte Mitleid mit den Menschen”.) Und Jesus setzt bei dem an, was da ist, was zur Verfügung steht – auch wenn es wenig ist. Auch wenn es nur von einem kleinen Jungen kommt. Und obwohl so wenig: Jesus nimmt es, spricht Dankgebet – und teilt aus. Dies ist gewissermaßen die “typische Handbewegung Jesu” – das Brechen und Austeilen des Brotes. Es gehört wesentlich zu ihm – und später werden die Jünger ihn sogar an dieser Geste erkennen (so z.B. die Emmausjünger, nach der Auferstehung Jesu).
Was ist hier so besonders an dieser Stelle?
Zunächst ist es der große Glaube Jesu, dass es reichen wird! Dass es reichen wird, wenn man bei dem anfängt, was da ist, wenn man dafür dankt und zu teilen beginnt. “Er nahm die Brote, sprach das Dankgebet, teilte sie und gab sie ihnen.” – Das erinnert an die Worte der Messe; an die Worte im Abendmahlsaal. Und das ist kein Zufall: Denn alle diese Mähler Jesu mit den Menschen finden ihren Höhepunkt in der Feier des Abendmahls, in der Eucharistiefeier. Und umgekehrt erinnert jede Eucharistiefeier daran, dass Jesus mit allen Menschen das Brot, das Leben, die Liebe teilen möchte.
Nun könnte man aber weiterfragen: Wenn Jesus aus so wenig Brot so viel machen kann – könnte er dann nicht alle Menschen satt machen? – Dies war sofort damals der Wunsch: der Wunsch nach starkem Mann. “Wir wollen ihn zum König machen!” – Jesus lehnt es ab. Wie er es schon bei den Versuchungen nach dem Beginn seiner öffentlichen Tätigkeit getan hat, als der „Diabolos“, der Versucher, zu ihm meint: Warum machst du nicht aus Steinen Brot – dann würden dir alle folgen … Es fällt schwer, dies zu akzeptieren: Dass der allmächtige Gott nicht den starken Mann spielt; dass er nicht allen Hunger beseitigt; nicht alle Arbeitslosigkeit beseitigt; nicht alle Kranken heilt.
Doch der Weg Jesu ist nicht einer, der Menschen durch Zauberei auf seine Seite zieht. Der Weg Jesu nimmt uns dies alles nicht ab. Der Weg Jesu heißt nämlich: Anfangen mit dem, was da ist! Gott nimmt uns unser Leben, unsere Sorgen nicht ab. – Und er lässt uns den Hunger, der letztlich ein Hunger nach Gott sein soll. Aber er zeigt uns Wege, wie wir selbst etwas zur Verbesserung des Lebens beitragen können: Durch Hinschauen auf das Positive, auf das, was da ist; und durch das Teilen dessen, was wir haben und bekommen.
An dem kommenden Sonntag wird im Evangelium dann die Brotrede Jesu gelesen. Dort sagt er: “Ich selbst bin das Brot des Lebens.” – Dieses Brot, das Jesus hier austeilt, ist letztlich er selbst. Jesus gibt sich an die Menschen weiter – und alle werden satt! Es ist dies ein Zeichen für die Eucharistie. Wir alle sind eingeladen, vom Brot des Lebens, vom eucharistischen Brot, zu essen – und es geht dabei nicht darum, meinen leiblichen Hunger zu stillen, sondern das Bedürfnis meines Herzens nach Liebe, Geborgenheit; Angenommensein;
Wenn wir in Dankbarkeit die Dinge genießen, die wir haben, dann werden sie uns nicht ausgehen. Es gibt das schöne Wort: “Liebe kann man nur multiplizieren, indem man sie teilt“ – genau darum geht es im Evangelium: Jesus gibt aus Liebe zu den Menschen; er vermittelt ihnen diese Liebe von Gott her – und darum werden die Menschen auch satt.
Das heutige Evangelium will provozieren, damit wir uns der Frage stellen: Wovon lebe ich eigentlich? Was lässt mich wirklich leben? Denn dass wirklich ein paar Brote und Fische so viele Menschen ernähren, ist ja sehr unwahrscheinlich. Und vielleicht lautet die Antwort: Wir leben von der Liebe zueinander; wir leben von Gottes Wort; wir leben von Zuwendung und Hilfe; wir leben in der Solidarität miteinander.
Damit wird aber auch deutlich: Leben kann man nicht allein, sondern nur in Gemeinschaft. Und wenn wir Gott Teil dieser Gemeinschaft sein lassen, können vielleicht 5 Brote und 2 Fische eine ganze Gemeinschaft leben lassen.
Johann Pock