Pfarrer Martin schreibend

Im Jahr 2019 habe ich erste Notizen niedergeschrieben und sie „Gedanken eines Stadtpfarrers“ genannt. Die Anliegen habe ich in Form von Briefen fortgesetzt. In Zeiten von WhatsApp, Instagram etc. mag es altmodisch sein, noch Briefe, ausgedruckte und mit der Post verschickte Briefe, zu schreiben, aber ich glaube an die Wirkung des Papiers, das vor mir liegt und für das ich mir Zeit nehmen muss.

Worum geht es? Um Sorgen, die ich als Pfarrer halt so habe. Da ist vor allem der junge Mensch. Meine Überzeugung ist, dass seine Zukunft, sein Mitwirken an der Gesellschaft, seine Liebe und Partnerschaft erfüllter, aufregender und heilsamer ist, wenn er es schafft, aus dem christlichen Glauben zu leben.

Darum höre ich nicht auf, solche Briefe zu schreiben. Wie ein Vater oder eine Mutter, die schon lästig auf die Kinder einreden.

→ Hier können Sie meine ersten Briefe als Heft herunterladen und lesen. Es liegt in gedruckter Form auch in unseren drei Kirchen auf.

Fasten – worauf wir verzichten müssen

Menschen, die hungern mussten, (z .B. unsere Eltern in der Nachkriegszeit), wollen nie mehr freiwillig diesen Zustand erleben. Das ist verständlich. Trotzdem hat sich das Fasten in jeder Religion als Teil der Glaubenspraxis über Jahrhunderte erhalten. Der freiwillige Verzicht ist ein Zeichen der Liebe zum Schöpfer. Fasten bewirkt mehreres:

  • Ein freiwilliges Hungern und Dürsten, um sich der Hungernden in anderen Teilen der Welt bewusst zu machen und mit Rücksicht auf diese den eigenen Lebensstil zu korrigieren;
  • Ein Verzichten, um die Abhängigkeit zu spüren und zu danken für jeden Schluck Wasser
  • Seinen Körper umzustellen und Süchte loszuwerden: Fleisch, Alkohol, Handy, Internetnutzung, Auto, …

Wir wissen, dass wir zu viel Fleisch verschlingen. Wir haben ein Konsumverhalten, das tötet. Jede Schnitzelbestellung fördert die Massentierhaltung, die Treibhausgasse, die perverse Strategie von „billig und viel ist gut“. Wir wissen es und fühlen uns im Alltagsgetriebe machtlos. Das ist aber nicht so. Manchmal brauchen wir einen Ruck, einen Schock, eine Katastrophe, damit wir aus Fehlentwicklungen aufwachen.

In der katholischen Tradition wurde montags, mittwochs und freitags auf Fleisch verzichtet. Ich möchte diese Tradition in Erinnerung rufen und zur Umkehr ermutigen. Durch die Individualisierung haben wir im Westen auch eine gemeinsame Fastenkultur zerstört. Ob es gut und machbar ist, wieder zu einem gemeinsamen Minimum zu kommen, weiß ich nicht. Aber ich wage den Versuch aufzurufen, dass wir wieder freitags auf Fleisch und Wurst verzichten und ebenso in der Advent- und Fastenzeit.

Dem will ich aber hinzufügen, dass das Fasten wie das Gebet eine zutiefst intime Angelegenheit der Glaubenspraxis ist. Von daher soll sich nie jemand rechtfertigen müssen, weil er/sie etwas macht oder nicht macht.

Pfarrer Martin Rupprecht