Pfarrer Martin schreibend

Im Jahr 2019 habe ich erste Notizen niedergeschrieben und sie „Gedanken eines Stadtpfarrers“ genannt. Die Anliegen habe ich in Form von Briefen fortgesetzt. In Zeiten von WhatsApp, Instagram etc. mag es altmodisch sein, noch Briefe, ausgedruckte und mit der Post verschickte Briefe, zu schreiben, aber ich glaube an die Wirkung des Papiers, das vor mir liegt und für das ich mir Zeit nehmen muss.

Worum geht es? Um Sorgen, die ich als Pfarrer halt so habe. Da ist vor allem der junge Mensch. Meine Überzeugung ist, dass seine Zukunft, sein Mitwirken an der Gesellschaft, seine Liebe und Partnerschaft erfüllter, aufregender und heilsamer ist, wenn er es schafft, aus dem christlichen Glauben zu leben.

Darum höre ich nicht auf, solche Briefe zu schreiben. Wie ein Vater oder eine Mutter, die schon lästig auf die Kinder einreden.

→ Hier können Sie meine ersten Briefe als Heft herunterladen und lesen. Es liegt in gedruckter Form auch in unseren drei Kirchen auf.

„Spitzensportler des Guten“?

Allerheiligen – Feiertag der Gutmenschen

Als Kind stand das Fest Allerheiligen bei mir hoch im Kurs, denn in unserer Familie ist es Brauch, dass der Taufpate das Patenkind besucht und ein „Allerheiligenspitzel“ bringt. Das ist ein spezieller Hefezopf, der einfach „lecker“ schmeckt. Unter dem Hefezopf lag dann immer ein 20-DM-Schein.

Als ich 11 Jahre alt war, hat mir mein Firmpate ein Büchlein über den Hl. Don Bosco geschenkt. Das habe ich verschlungen. Bis heute ist dieser Heilige mein Vorbild. Und damit bin ich beim Stichwort des Festtages Allerheiligen. Vorbilder helfen. Sie spornen die Phantasie an, sie mobilisieren die Kräfte in einem, sie geben eine Hoffnung, dass es sich lohnt, für das Gute zu arbeiten.

Das ist das Fest Allerheiligen. Die Erinnerung an die vielen heiligmäßigen Menschen, die unbekannt blieben. Über diese Vorbilder können wir uns am Festtag Geschichten erzählen!

 

Das Pfingstfest – der Hl. Geist und die Geburt der Kirche

In Österreich ist Pfingsten neben Weihnachten und Ostern ein Hochfest, das wir mit zwei Feiertagen begehen. Doch selbst vielen Christen ist nicht klar, was man zu Pfingsten feiert. Dabei ist Pfingsten ein wichtiges Fest, denn es gilt als „Geburtsstunde der Kirche“.

Das Pfingstfest wird am 50. Tag nach Ostern gefeiert. Aus diesem Datum leitet sich auch der Name ab, denn das Wort Pfingsten stammt vom altgriechischen Wort „pentekoste“ (übersetzt: der Fünfzigste, also: der 50. Tag). Der Feiertag ist also an den Ostertermin gekoppelt und kann daher zwischen dem 10. Mai und dem 13. Juni liegen. Nicht nur durch Datum und Namen gibt es eine Verbindung zu Ostern, sondern auch religiös.

Die Ursprünge von Pfingsten

Als christliches Fest wird Pfingsten bereits im Jahr 130 erwähnt. Die Ursprünge reichen jedoch viel weiter zurück, denn das Fest folgt einer langen jüdischen Tradition. Sieben Wochen nach dem Paschafest feiert man im Judentum Schawuot, das Wochenfest. Es ist ursprünglich ein Erntedankfest, denn es markiert das Ende der Weizenernte. Während das Paschafest an den Auszug aus Ägypten erinnert, entwickelte sich das Wochenfest als Erntedankfest im Laufe der Zeit zu einem Dankfest für die Verkündigung der Tora, der fünf Bücher des Mose. Die Tora ist die Basis des jüdischen Glaubens.

Der Pfingsttag in der Bibel

Dieses Wochenfest Schawuot ist es, das im zweiten Kapitel der Apostelgeschichte in der Bibel als „Pfingsttag“ erwähnt wird. Als alle Jünger in einem Haus versammelt sind, zieht vom Himmel her ein Brausen auf, das das Gebäude erfüllt. „Zungen wie von Feuer“ kommen auf sie herab. „Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab …“

Petrus erhebt sich und wendet sich an die Menschen, die herbeigeeilt sind und die Jünger umgeben. Er erklärt ihnen, dass sich das Wort des Propheten Joel erfüllt habe. Dort heißt es, dass Gott seinen Geist über alle ausgießen werde und er Wunder erscheinen lasse am Himmel und Zeichen auf der Erde, nämlich Blut, Feuer und qualmenden Rauch (Joel 3).

Nach dieser Predigt von Petrus sind die Zuhörer sehr berührt. Er lädt sie ein, umzukehren und sich zur Vergebung der Sünden auf den Namen Jesu Christi taufen zu lassen. Die Bibel berichtet, dass sich noch an diesem Tag etwa dreitausend Menschen taufen ließen.

Die Geburtsstunde der Kirche

Wegen dieser Ausgießung des Heiligen Geistes am Pfingsttag wird dieses Ereignis als Geburtstag der Kirche und als Beginn der weltweiten Mission verstanden. Vor allem die Fähigkeit der Jünger, in fremden Sprachen zu sprechen und sie zu verstehen, wird theologisch als Mission der Kirche gedeutet. Alle Menschen werden angesprochen, egal welcher Volksgruppe oder Nationalität sie angehören. Der Heilige Geist ist also nicht mehr Propheten oder anderen ausgewählten Menschen vorbehalten, sondern er kommt herab auf alle Menschen.

Die Getauften bilden eine Gemeinschaft, die alles teilt und am Brechen des Brotes und an Gebeten festhält. Menschen, die vom Heiligen Geist erfüllt worden sind, fühlen sich als Einheit im Glauben an Jesus Christus und Gott Vater. Durch Pfingsten wird die Dreifaltigkeit Gottes für den Menschen offenbart.

Darauf besinnen wir uns bei jeder Taufe: „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Oder auch beim Kreuzzeichen: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Ohne das Pfingstwunder, wovon uns die Bibel berichtet, und die Aussendung des Heiligen Geistes wäre der christliche Glaube nicht komplett und nicht wirkungsvoll.

Taube und Feuerzungen als Bilder

In den künstlerischen Darstellungen der Herabkunft des Heiligen Geistes gibt es zum einen die erwähnten Feuerzungen, aber auch die Taube ist ein beliebtes Bild. Sie wird im Lukasevangelium ausdrücklich erwähnt, bei der Taufe Jesu: „Und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab, und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden“ (Lk 3,22). In der Antike war die Taube das Sinnbild für Sanftmut und Unschuld. Die Menschen nahmen an, dass die Taube keine Galle besitze und dadurch frei von allem Bösen und Bitteren sei. Später wurde der Heilige Geist auch als Mensch dargestellt, doch diese Art der Darstellung wurde von Papst Urban VII. im 17. Jahrhundert untersagt.

Das Pfingstfest ist nicht nur das Hochfest, an dem das Kommen des Heiligen Geistes gefeiert wird, sondern es ist auch gleichzeitig der Abschluss der Osterzeit. In den neun Tagen zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten wird in der sogenannten Pfingstnovene um das Kommen des Heiligen Geistes gebetet. Auch dazu gibt es einen biblischen Bezug: In Apg 1,12ff wird berichtet, dass die Jünger Jesu mit Maria, der Mutter Jesu, und anderen Mitgliedern der christlichen Urgemeinde nach der Himmelfahrt Jesu nach Jerusalem gingen, um dort im Gebet zu verharren.

(Quelle: Kirche in Not. Bearbeitet v. Pfr. M. Rupprecht)

Die Bedeutung von Christi Himmelfahrt

Die Auferstehung war nun bereits einige Tage her. Ganze 40 Tage zeigte Jesus sich den Jüngern. Sie durften noch in seiner Gegenwart sein und von ihm hören und lernen. Jesus wusste aber, dass die Zeit gekommen war, seine liebgewonnen Jünger noch einmal zu verlassen. Allerdings ist es ihm wichtig, dass sie wissen, sie sind nicht allein.

Er kündigt ihnen den Heiligen Geist an. Dieser soll später zu ihnen kommen und ihnen seine Kraft geben. Nachdem er ihnen diesen Beistand ankündigt, so berichtet es die Bibel, wird er langsam emporgehoben und von einer Wolke aufgenommen und weggetragen.

Diese Himmelfahrt mitanzusehen, das muss für die Umstehenden ein beeindruckendes Erlebnis gewesen sein. Genauso eindrücklich wird später der Heilige Geist an Pfingsten auf die Jünger kommen. Somit versteht man Christi Himmelfahrt nicht als einen Weggang Jesu, sondern als die Ankündigung des Heiligen Geistes.

Ein Feiertag der Hoffnung

Ein modernes Gemälde das Christi Himmelfahrt zeigtWarum ist Jesus nach seiner Auferstehung nicht einfach auf der Erde bei seinen Jüngern geblieben? Das wäre bestimmt möglich gewesen. Doch dann hätte er uns Menschen eine wichtige Sache vorenthalten: Nämlich die Ankunft des Heiligen Geistes.

In Johannes 16,7 sagt Jesus: „Doch ich sage euch die Wahrheit: Es ist besser für euch, wenn ich gehe. Sonst käme der Helfer nicht, der an meiner Stelle für euch da sein wird. Wenn ich nicht mehr bei euch bin, werde ich ihn zu euch senden.“

Der Heilige Geist hilft zu verstehen, wer Gott ist, und seine Stimme besser zu hören. Daher ist Himmelfahrt vor allem ein Feiertag der Hoffnung.
(Quelle: Bibel.TV)

Die Saison der Erstkommunionen und mein Andenken

Wie viel Nostalgie und Tradition verbinden wir mit den Feiern der Erstkommunion und Firmung. Wie viele schöne Erinnerungen sind nicht daran geknüpft! Die erste Uhr, das erste Fahrrad. Nicht von ungefähr haben sich aus diesen beiden Feiern Höhepunkte unseres Lebens entwickelt. Der Kern des christlichen Glaubens wird berührt.

Bei mir sind es 52 Jahre seit meiner Erstkommunion. Das Andenken, das ich damals vom Pfarrer bekommen habe, ein Christusbild, hängt immer noch in meinem Zimmer. Wenn ich darauf schaue, dann danke ich Gott, dass er mich gerufen hat und ich danke meinen Eltern, dass sie mich sonntags in die Kirche mitgenommen haben.

Das Dankgebet, das wir damals auswendig gelernt haben, kann ich heute noch sprechen:

O mein Heiland, großer König,Erstkommunion-Ikone von Pfarrer Martin
Du bist bei mir eingekehrt,
freudig trag’ ich Dich im Herzen,
dem die ganze Welt gehört.

Sieh, nun sollst Du alles haben,
was in meinem Herzen ist;
alles leg’ ich Dir zu Füßen,
wie Du ja mein König bist.

Lieber Herr, Du kamst vom Himmel
auf die Erde einst herab,
lebtest für uns Menschenkinder,
starbst am Kreuz und lagst im Grab.

Glorreich bist Du auferstanden,
fuhrst empor zum Firmament;
doch als Denkmal Deiner Liebe
gabst Du uns dies Sakrament.

Schenke mir nun deine Gnade,Rückseite der Ikone von Pfarrer Martin
hilf mir durch Dein Fleisch und Blut,
dass ich Deiner würdig werde,
lebe heilig, fromm und gut.

Lehr mich glauben, lehr’ mich lieben,
lehr’ mich kämpfen für Dein Reich,
dass mein junges Menschenleben
Deinem Leben werde gleich.

Pfarrer Martin Rupprecht

 

Fünf Gründe, warum ich Christ bin

Erstens bin ich Christ, weil ich getauft bin. Das haben meine Eltern entschieden, und ich bin ihnen jeden Tag dankbar, dass sie mich auf diesen Weg gebracht haben.

Zweitens bin ich Christ, weil der Glaube in mir wachsen konnte:

  • durch die Begegnung mit vielen Menschen,
  • durch das kirchliche Leben,
  • durch die hl. Sakramente

Drittens bin ich Christ, weil ich Gott als den absoluten Ursprung des Lebens erfahre. Gott erlebe ich als Anfang und als Ende des Lebens. Von ihm her gibt es die Aufgabe, das Leben zu gestalten.

Viertens bin ich Christ, weil ich an Jesus Christus als den Heiland und Erlöser der Welt glaube; weil die Botschaft Jesu so ganz anders ist, als die Reflexe der Welt. Immer wieder höre ich sein „Ich aber sage euch“. Wer die Bergpredigt in den Evangelien liest, weiß, was ich meine.

Fünftens bin ich Christ, weil in der Kirche Sünder leben, Menschen, die ganz und gar nicht heilig sind. Die, wie ich vieles falsch machen. Die Kirche, so sagte mein Professor für Dogmatik Wolfgang Beinert, „ist nicht das Reich Gottes. Die Kirche ist der steinig-staubige Weg zu diesem Ziel.“ Sie ist ein Werkzeug dazu. Dieses kann stumpf, verbogen oder auch schwerfällig sein. Es kann nur mit meiner Anstrengung weitergehen.

Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun.
Er hat keine Füße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen.
Christus hat keine Lippen, nur unsere Lippen, um Menschen von ihm zu erzählen.
Er hat keine Hilfe, nur unsere Hilfe, um Menschen an seine Seite zu bringen.

Gebet aus dem 14. Jahrhundert

Sei ehrlich – Pate zu sein braucht Wissen und Praxis

Jetzt beginnt bald der Frühling. In den Kirchen ist das auch eine Saison für Taufe. Welch schönes Ereignis! 

Doch – und hier kommt das große ABER: Viele Familien finden keine Taufpatin, keinen Taufpaten mehr, weil alle Freunde aus der Kirche ausgetreten sind.

Nun kann man tausend Gründe anführen, warum jemand die kirchliche Gemeinschaft verlässt. Darüber wäre es notwendig zu diskutieren. Heute geht es mir aber um einen anderen Aspekt: Viele möchten in die Kirche wieder eintreten, um Pate oder Patin sein zu können.

Erlaubt mir ein paar Rückfragen:

Möchtest Du ein guter Begleiter, eine Begleiterin für das Kind sein? Das wünschen wir Dir von Herzen! Das ist immer ein nobler Dienst für die Familie und das Kind. Das ist aber noch nicht der Patendienst, das Patenamt. Pate sein ist in der Tradition der Kirche eine Person, die für den christlichen Glauben lebt, eine Person, die die Bibel und das Glaubensbekenntnis kennt und das Kind in die Sakramente der Kirche einführen kann. Eine Person, die in der Glaubensgemeinschaft lebt und das Kind hineinführen will.

Darum die Grundfrage: Bist Du in der Kirche, innerlich? Kennst du dich darin aus? Dann ist es ein Leichtes, äußerlich wieder einzutreten.

Wenn Du Dir aber eingestehen musst, dass Du jahrelang gar nicht in der Kirche warst, dass Du vieles nicht verstehst, dann sei ehrlich: Du kannst nicht jemand in die Kirche führen, wenn Du selber innerlich nicht dabei bist. Es ist ehrlicher zu sagen: Sorry mein Freund, der mich wegen des Patenamts gefragt hat. Ich kann das nicht annehmen, weil ich selber zu wenig davon verstehen. Weil ich die Bibel schon lange nicht mehr gelesen habe, weil ich schon seit langer Zeit kein Sakrament empfangen habe. Das ist eine ehrliche Auskunft. Den Eltern gegenüber, dem Kind gegenüber, dem Priester gegenüber und vor allem Gott gegenüber.

Willst du aber wirklich ein Pate sein, dann beginne zuerst deine Praxis und dein Wissen aufzufrischen. Die Fastenzeit wäre ein guter Anlass. In den nächsten Videos werde ich jede Woche ein Thema erklären. Für jene, die mitmachen, kann es am Osterfest eine Feier der Wiederaufnahme in die Kirche sein.

Servus und Pfiat de!
Pfarrer Martin Rupprecht


Was braucht es, um Patin oder Pate zu sein?

 

Warum beginnt für Christen das Neue Jahr früher als am 1. Jänner?

Mit dem 1. Advent beginnt ein neues Kirchenjahr. Advent heißt Ankunft. Wir bereiten uns auf die Ankunft unseres Erlösers vor: Jesus Christus.

Diese Vorbereitung ist für Christen der Anfang einer neuen Zeit. Denn wer an Christus glaubt, denkt in einem anderen Schema als der jährliche Kreislauf, in dem sich alles wiederholt. Der christliche Glaube geht davon aus, dass wir mit Hilfe des Hl. Geistes an einer Verbesserung der Lebenssituation arbeiten können; dass aber eine Vollendung der Zeit, eine „perfekte“ Zeit erst mit dem Wiederkommen Christi anfängt.

Der Advent ist also eine Wartezeit. Ein Ausschau-Halten, wo Gott ist. Wie Gott ist. Wie Gott rettet.

Selbst Menschen, die nicht den christlichen Glauben leben, feiern zu Weihnachten ein Familienfest. Instinktiv spüren alle: Eine Verbesserung der Menschheit fängt in der Familie an. Da braucht es Freude, beschenkt werden, neu anfangen, verzeihen, heilen, segnen!

Deshalb fasten auch viele Christen im Advent. Darum werden die Rorate-Gottesdienste frühmorgens gehalten. Sie erfordern ein Auf-Brechen, ein Auf-Stehen, ein Durch-Brechen des Alltags.

Ein gutes, gesegnetes Neues Jahr!

Pfarrer Martin Rupprecht

Medizin gegen Dunkelheit und Depression

Jetzt, im November, wo es dunkel ist, werden viele Menschen depressiv. Die Besuche am Friedhof, in den grauen Gassen … und durch das Wetter sitzt man sowieso zu viel zu Hause.

Was hat die christliche Tradition aus dieser Zeit gemacht? Eine Gegenbewegung gestartet:

Warum ein Totschlag schon etwas mit dem Kirchgang zu tun hat …

In diesem Brief macht sich Pfarrer Martin Gedanken über die heute oft fehlende Sozialisierung in Gruppen in der Kindheit und welchen Unterschied das für das spätere Zusammenleben ergeben kann.


Ich schreibe hier als ein Pfarrer einer katholischen Pfarrgemeinde. Das Glück war mit mir: In einer katholischen Familie aufgewachsen, habe ich den christlichen Glauben und die Kirche positiv erlebt. Der notwendige Kirchgang als Kind hat mir beigebracht, dass von nichts nix kommt. Dass der Glaube an Gott dann in mir wächst, wenn ich ihm Zeit schenke.

Als Jugendliche haben wir in den Jugendstunden alle Themen dieser Welt besprochen: die Todesstrafe, Suizid, Abtreibung, Atomenergie und Atomwaffen, Entwicklungshilfe für die Dritte-Welt-Länder. Wir waren oft gemeinsam unterwegs, sind zum Konzentrationslager in den Nachbarort geradelt, haben Fair-Trade-Produkte eingekauft und verkauft, haben uns im Kino „Steiner – das eiserne Kreuz“ angesehen. In der Jugendgruppe haben sich einige ineinander verliebt; andere haben einander nicht ausstehen können; es gab Ärger und Begeisterung, Neid und Gelassenheit, Dienst und Geltungssucht. In allem aber waren wir die Jugend der Pfarrgemeinde, darum gingen wir sonntags in die Kirche und zu Ostern zur Beichte.

Später bin ich selber Pfarrer geworden und ich habe das große Glück, dass es Jungschar und Jugendgruppen in der Pfarre gibt. Was ich beobachte: Die Kinder lernen, ihr Ego zurückzustellen. sie lernen es nicht von sich aus. Die Gruppe fordert es ein. Die Kinder untereinander korrigieren sich. Spätestens in der Jugendgruppe wird ausgesprochen: Du kannst dich nicht gehen lassen, du kannst deinen Emotionen nicht freien Lauf lassen. Deine Freiheit hört auf, wo der Mitmensch eingeschränkt wird.

Heute kann man es gut benennen und sagt, dass es eine Frustrationstoleranz braucht. Der Mensch „muss“ lernen, seine innere Energie in den Griff zu bekommen, zu steuern. Den guten Umgang damit nennt man dann „Sozialkompetenz“. Jede christliche Pfarrgemeinde ist ein Übungsfeld dafür. Das Miteinander von Jung und Alt; das Helfen, auch wenn die eigene Freizeit weniger wird; das Bemühen um einen freundlichen Umgangston.

Ohne Einübung kein Ergebnis. Wenn es im Leben hart auf hart kommt; wenn Fehler gemacht werden, wenn „man aus der Haut fahren möchte“, dann bewährt sich das Eingeübte. Dann ist innere Kraft da. Sie hat aber eine Quelle, die nicht menschengemacht ist. Sie hat Gott als Kern. Dieser Glaube hält mir die Hand zurück, wenn ich zuschlagen möchte. Diese Gewissheit des Glaubens streckt meine Hand aus, wenn jemand Hilfe braucht.

Wenn ich in der Zeitung lese: „Mann erschlägt Frau aus Eifersucht; Ex-Partner bedroht Familie; Familie verklagt sich gegenseitig wegen Erbe“, dann kommen mir die Jungscharstunden in den Sinn. Innerlich danke ich den vielen Ehrenamtlichen, die sich mühen mit Kindern und Jugendlichen christliche Lösungen für Konflikte zu entwerfen und die ihnen beibringen, die Frustrationstoleranz höher zu schrauben. Alleine und aus eigener Kraft ist das nicht zu schaffen. Ohne die Hilfe von oben geht das nicht. Darum gehört zum Spiel in der Gruppe auch der Kirchgang.

Pfarrer Martin Rupprecht

Treffen mit Patriarch Bartholomäus

Liebe Gemeinde!

Die Zeit meines Urlaubs in Istanbul kann ich für verschiedene Gespräche nutzen. Ein besonderer Anlass war ein Treffen mit dem ökumenischen Patriarchen Bartholomäus I. Das Gespräch unter vier Augen hatte Prälat Dr. Nikolaus Wyrwoll arrangiert, der ein Studienkollege des Patriarchen ist.

Als Islam-Berater von Kardinal Dr. Christoph Schönborn erbat ich mir den Rat des Patriarchen für unsere Bemühungen in der christlich-muslimischen Verständigung. Da ich Patriarch Bartholomäus ebenfalls schon 35 Jahre kennen darf, war die Begegnung eine große Freude: Seine geistliche Persönlichkeit ist ein Licht für viele Völker!

Pfarrer Martin Rupprecht