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Impuls zur 1. Fastenwoche: Staub

„Bedenke Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehrst!“

So lautet in Anlehnung an Genesis 3,19 eine der gängigen Aufforderungen, die uns bei der Spendung des Aschenkreuzes zugesagt wird.

Ich konnte mit dieser Aufforderung früher nicht so viel anfangen. Das änderte sich, als im Sommer im Freibad mein Blick auf das Tattoo einer jungen Frau fiel. „Ich lebe, wofür es sich zu sterben lohnt“, war in ihre Haut tätowiert. Der Spruch ließ mich nicht mehr los. Mitten in der Hitze und Leichtigkeit des Sommers dachte ich an Aschermittwoch und dessen Erinnerung, dass wir alle einmal sterben werden. Was zählt am Ende im Rückblick auf das Leben? Wofür wollen wir leben? In der Auseinandersetzung mit dem Thema stieß ich auf verschiedene Artikel und Bücher. An meinen Erkenntnissen daraus möchte ich Sie/Euch in diesen Wochen der Fastenzeit teilhaben lassen.

Das Erstaunlichste im Leben ist, dass die Menschen wissen, dass sie sterben, und trotzdem so leben, als sei das nicht so. Psalm 90 sagt: „Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben werden, damit wir klug werden.“

Adelheid Rieffel ist Hospizmitarbeiterin und hat aus vielen Sterbebegleitungen intensiv für ihr eigenes Leben gelernt. Welchen Rat kann sie geben?

  • Immer wieder (Zwischen-) Bilanz im Leben ziehen und dann innerlich und äußerlich das Leben (neu)ordnen.
  • Sich die Frage stellen: Was tue ich in und mit meinem Leben und will ich das auch weiterhin so tun? Notfalls eine Kurskorrektur vornehmen, auch wenn es weh tut.

Die Vergänglichkeit ist der Zugang zu den Möglichkeiten. Wenn wir sie bejahen, finden wir wahre Freiheit! Wer sich mit der spirituellen Dimension des Abschieds befasst, begegnet dem letzten Abschied, dem Tod, später vielleicht vertrauensvoller. Wer sein Leben schon früh in einen größeren Zusammenhang stellt und seiner Seele Raum gibt für den Abschiedsschmerz, der findet einen natürlichen Umgang mit der Endlichkeit.

Wenn ich das Aschenkreuz empfange, bittet ich Gott, dass die Tage der österlichen Bußzeit für mich eine Zeit der Umkehr, der Läuterung und der geistlichen Fruchtbarkeit werden mögen. Ich bedenke den Tod, aber noch vielmehr das Leben – ein Leben, das reiche Frucht bringen soll und das von Jesus Christus zur Auferstehung gerufen wird: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.“ (Johannes 11,25) – „Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht.“ (Johannes 15,5).

Der Aschermittwoch und die ganze Fastenzeit erinnern daran: Wir gehen Ostern entgegen, nicht nur in einer bestimmten Zeit des Kirchenjahres, sondern immer – mit unserem ganzen Leben.

Wofür möchte ich in meinem Leben aufstehen?
Welche Früchte darf ich schon jetzt ernten?
Wo möchte ich noch etwas pflanzen?

Petra Wasserbauer

Von der Liebe zur Kirche – von Kardinal Franz König

Die Kirche lieben – ja, kann man das überhaupt?

Man redet heute oft über die Kirche, aber man denkt dabei weit weniger an die Gemeinschaft des Glaubens und des Vertrauens auf Gottes Wort, als an eine Institution, die sich für die Armen einsetzen soll und die Maßstäbe für eine moralische Ordnung innerhalb der Gesellschaft verkündet. Verbunden damit ist zumeist viel – nicht immer unberechtigte – Kritik.

Der „liebe“ Gott, seine Liebe zu uns, bleibt bei einer solchen Vorstellung im Hintergrund – und der Mensch mit seinen Fehlern im Vordergrund. Ich meine, das ist ein sehr schiefes Bild von einer Kirche, die durch das Eingreifen Gottes in die Geschichte gebaut wurde.

Die Vorstellung von einer solchen Kirche, wie wir es heute oft in den Medien vorgesetzt bekommen, fordert viele zur Kritik heraus. Das beginnt beim Papst, setzt sich fort bei den Bischöfen, den Priestern, den Gruppeninteressen und Spannungen zwischen so genannten konservativen oder progressiven Christen.

Aber merkwürdig: Jeder Kritiker spricht nur über die anderen. Er fragt sich, so scheint es, nie selbst. Wie könnte ich es besser machen, was müsste ich ändern, um der guten Sache besser zu dienen?

Liebe zur Kirche bedeutet nicht: Liebe zu einem Gebäude oder zu einer nur menschlichen Institution. Liebe zur Kirche bedeutet vielmehr: Dankbarkeit, Geborgenheit, große Wertschätzung für alles, was Gott für jeden von uns getan hat.

Liebe zur Kirche bedeutet aber auch: Nachsicht und Verzeihen, Großmut für das viele menschliche Versagen in dieser Gesellschaft. Liebe zur Kirche bedeutet weiter: Gottes Plan und Weisung aufzunehmen und – trotz aller Schwierigkeiten – durch das eigenen Leben weiterzugeben.

Liebe zur Kirche heißt ganz einfach: Liebe zu Gott und Liebe zu den Menschen, innerhalt der Kirche – und auch außerhalb.

(Quelle in: Gedanken für ein erfülltes Leben. Styria Verlag, 2004)

Wie wir der Zukunft ohne Angst begegnen können

Eine Rede von Rabbi Jonathan Sacks (gekürzt)

Wir haben spaltende Wahlen und gespaltene Gesellschaften erlebt. Wir haben ein Anwachsen des Extremismus in Politik und Religion erlebt, und all das wird geschürt durch Angst, Ungewissheit und Furcht vor einer Welt, die sich fast schneller verändert, als wir es ertragen können, und durch das sichere Wissen, dass sie sich noch schneller verändern wird.

Gibt es also etwas, was wir tun können, jeder von uns, um der Zukunft ohne Angst entgegensehen zu können? Ich glaube, das gibt es. Und ein Weg dorthin ist, zu sehen, dass der vielleicht einfachste Weg in eine Kultur und in ein Zeitalter darin besteht, zu fragen: Was verehren die Menschen? Die Menschen haben so viele verschiedene Dinge verehrt – die Sonne, die Sterne, den Sturm.

Im 19. und 20. Jahrhundert verehrten die Menschen die Nation, die arische Rasse, den kommunistischen Staat. Was verehren wir? Künftige Anthropologen werden sich dieses wunderbare neue religiöse Ritual ansehen, das wir geschaffen haben. Kennen Sie dieses Ritual – das so genannte „Selfie“? Und ich denke, sie werden zu dem Schluss kommen, dass das, was wir in unserer Zeit anbeten, das Selbst ist, das Mich, und das ICH.

Und das ist großartig. Es ist befreiend. Es ist ermächtigend. Es ist wunderbar. Aber – vergessen Sie nicht, dass wir biologisch gesehen soziale Lebewesen sind. Wir haben die meiste Zeit unserer Evolutionsgeschichte in kleinen Gruppen verbracht. Wir brauchen diese Interaktionen von Angesicht zu Angesicht, in denen wir jene geistigen Güter wie Freundschaft, Vertrauen, Loyalität und Liebe schaffen, die uns von der Einsamkeit erlösen. Wenn wir uns zu sehr mit dem „Ich“ und zu wenig mit dem „Wir“ beschäftigen, können wir uns verletzlich, ängstlich und allein fühlen.

Daher denke ich, dass der einfachste Weg, das zukünftige „Du“ zu schützen, darin besteht, das zukünftige „Wir“ in drei Dimensionen zu stärken: das Wir der Beziehung, das Wir der Identität und das Wir der Verantwortung.

Das Wir der Beziehung

Es war einmal, vor sehr langer Zeit, da war ich 20 Jahre alt und studierte Philosophie im Grundstudium.

Ich war selbstbesessen und durch und durch unsympathisch, bis ich eines Tages auf der anderen Seite des Hofes ein Mädchen sah, das alles war, was ich nicht war. Sie strahlte Sonnenschein aus. Sie strahlte Freude aus. Ich fand heraus, dass ihr Name Elaine war. Wir trafen uns. Wir redeten. Wir heirateten. Und 47 Jahre, drei Kinder und acht Enkelkinder später kann ich mit Sicherheit sagen, dass dies die beste Entscheidung meines Lebens war. Die Menschen, die nicht so sind wie wir, lassen uns wachsen.

Das Problem mit den Google-Filtern und den Facebook-Freunden ist, dass wir fast ausschließlich von Menschen umgeben sind, deren Ansichten genau wie die unseren sind. Und Cass Sunstein aus Harvard hat gezeigt, dass wir extremer werden, wenn wir uns mit Menschen umgeben, die die gleichen Ansichten haben wie wir. Wir müssen die persönlichen Begegnungen mit Menschen, die nicht so sind wie wir, erneuern. Wir müssen das tun, um zu erkennen, dass wir sehr unterschiedlicher Meinung sein und trotzdem Freunde bleiben können. In diesen persönlichen Begegnungen entdecken wir, dass die Menschen, die nicht so sind wie wir, einfach Menschen sind wie wir. Und jedes Mal, wenn wir jemandem, der nicht so ist wie wir, dessen Klasse, Glaube oder Hautfarbe sich von der unseren unterscheidet, die Hand der Freundschaft reichen, heilen wir einen der Risse in unserer verwundeten Welt. Das ist das Wir der Beziehung.

Das Wir der Identität

Waren Sie schon einmal in Washington? Haben Sie die Denkmäler gesehen? Absolut faszinierend. Da ist das Lincoln Memorial: die Gettysburg-Rede auf einer Seite, die zweite Antrittsrede auf der anderen. Gehen Sie zum Jefferson Memorial, dort gibt es eine Menge Text. Martin Luther King Memorial, mehr als ein Dutzend Zitate aus seinen Reden. Ich wusste gar nicht, dass man in Amerika Denkmäler liest. Gehen Sie nun zu dem entsprechenden Denkmal in London am Parliament Square und Sie werden sehen, dass das Denkmal für David Lloyd George drei Worte enthält: David Lloyd George.

Nelson Mandela bekommt zwei. Churchill bekommt nur ein Wort: Churchill.

Warum der Unterschied? Weil Amerika von Anfang an eine Nation war, die von einer Einwanderungswelle nach der anderen überschwemmt wurde, so dass es eine Identität schaffen musste, und das tat es, indem es eine Geschichte erzählte, die man in der Schule lernte, die man auf Denkmälern las und die man in den Antrittsreden der Präsidenten wiederholt hörte. Großbritannien war bis vor kurzem keine Nation von Einwanderern, so dass es seine Identität als selbstverständlich betrachten konnte.

Das Problem ist nun, dass zwei Dinge geschehen sind, die nicht zusammengehören sollten. Erstens haben wir im Westen aufgehört, die Geschichte darüber zu erzählen, wer wir sind und warum wir so sind – sogar in Amerika. Und gleichzeitig ist die Einwanderung so hoch wie nie zuvor. Wenn man also eine Geschichte erzählt und die eigene Identität stark ist, kann man den Fremden willkommen heißen, aber wenn man aufhört, die Geschichte zu erzählen, wird die eigene Identität schwach und man fühlt sich vom Fremden bedroht. Und das ist schlecht.

Ich sage Ihnen, die Juden sind seit 2.000 Jahren verstreut, zerstreut und im Exil. Wir haben unsere Identität nie verloren. Und warum? Weil wir mindestens einmal im Jahr, am Pessachfest, unsere Geschichte erzählt und sie unseren Kindern beigebracht haben, und weil wir das ungesäuerte Brot des Leidens gegessen und die bitteren Kräuter der Sklaverei gekostet haben. So haben wir unsere Identität nie verloren. Ich denke, wir müssen gemeinsam dazu zurückkehren, unsere Geschichte zu erzählen, wer wir sind, woher wir kommen, nach welchen Idealen wir leben. Und wenn das geschieht, werden wir stark genug sein, den Fremden willkommen zu heißen und zu sagen: „Komm und teile unser Leben, teile unsere Geschichten, teile unsere Hoffnungen und Träume.“ Das ist das Wir der Identität.

Das Wir der Verantwortung

Mein Lieblingssatz in der gesamten Politik ist: „Wir, das Volk“. Warum „wir, das Volk“? Weil er besagt, dass wir alle gemeinsam die Verantwortung für unsere gemeinsame Zukunft tragen. Und das ist es, worauf es ankommt.

Haben Sie bemerkt, wie das magische Denken unsere Politik übernommen hat? Wir sagen: Ihr müsst nur diesen starken Führer wählen, und er oder sie wird alle unsere Probleme für uns lösen. Glauben Sie mir, das ist magisches Denken. Und dann gibt es die Extreme: die extreme Rechte, die extreme Linke, die extremen Religiösen und die extremen Antireligiösen. Die extreme Rechte, die von einem goldenen Zeitalter träumt, das es nie gegeben hat, die extreme Linke, die von einer Utopie träumt, die es nie geben wird, und die Religiösen und Antireligiösen, die gleichermaßen davon überzeugt sind, dass alles, was wir brauchen, Gott oder die Abwesenheit von Gott ist, um uns vor uns selbst zu retten. Auch das ist magisches Denken, denn die einzigen, die uns vor uns selbst retten können, sind wir, das Volk, wir alle zusammen.

Wenn wir das tun, wenn wir von der Politik des Ichs zur Politik von uns allen gemeinsam übergehen, dann entdecken wir diese schönen, kontraintuitiven Wahrheiten wieder: Dass eine Nation stark ist, wenn sie sich um die Schwachen kümmert, dass sie reich wird, wenn sie sich um die Armen kümmert, dass sie unverwundbar wird, wenn sie sich um die Verletzlichen kümmert. Das ist es, was große Nationen ausmacht.

Hier ist also mein einfacher Vorschlag

Er könnte Ihr Leben verändern, und er könnte dazu beitragen, die Welt zu verändern. Führen Sie eine Such- und Ersetzungsoperation in Ihrem Text durch, und wo immer Sie auf das Wort “selbst“ stoßen, ersetzen Sie es durch das Wort „andere“. Also statt Selbsthilfe, Fremdhilfe; statt Selbstwertgefühl, Fremdwertgefühl. Und wenn Sie das tun, werden Sie die Kraft eines Satzes spüren, der für mich einer der bewegendsten Sätze in der gesamten religiösen Literatur ist. „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir.“ Wir können jeder Zukunft furchtlos entgegensehen, solange wir wissen, dass wir sie nicht allein erleben werden.

Lassen Sie uns also um des zukünftigen „Du“ willen gemeinsam das zukünftige „Wir“ stärken.

Rabbi Jonathan Sacks
chiefrabbi.org

Warum ein Totschlag schon etwas mit dem Kirchgang zu tun hat …

In diesem Brief macht sich Pfarrer Martin Gedanken über die heute oft fehlende Sozialisierung in Gruppen in der Kindheit und welchen Unterschied das für das spätere Zusammenleben ergeben kann.


Ich schreibe hier als ein Pfarrer einer katholischen Pfarrgemeinde. Das Glück war mit mir: In einer katholischen Familie aufgewachsen, habe ich den christlichen Glauben und die Kirche positiv erlebt. Der notwendige Kirchgang als Kind hat mir beigebracht, dass von nichts nix kommt. Dass der Glaube an Gott dann in mir wächst, wenn ich ihm Zeit schenke.

Als Jugendliche haben wir in den Jugendstunden alle Themen dieser Welt besprochen: die Todesstrafe, Suizid, Abtreibung, Atomenergie und Atomwaffen, Entwicklungshilfe für die Dritte-Welt-Länder. Wir waren oft gemeinsam unterwegs, sind zum Konzentrationslager in den Nachbarort geradelt, haben Fair-Trade-Produkte eingekauft und verkauft, haben uns im Kino „Steiner – das eiserne Kreuz“ angesehen. In der Jugendgruppe haben sich einige ineinander verliebt; andere haben einander nicht ausstehen können; es gab Ärger und Begeisterung, Neid und Gelassenheit, Dienst und Geltungssucht. In allem aber waren wir die Jugend der Pfarrgemeinde, darum gingen wir sonntags in die Kirche und zu Ostern zur Beichte.

Später bin ich selber Pfarrer geworden und ich habe das große Glück, dass es Jungschar und Jugendgruppen in der Pfarre gibt. Was ich beobachte: Die Kinder lernen, ihr Ego zurückzustellen. sie lernen es nicht von sich aus. Die Gruppe fordert es ein. Die Kinder untereinander korrigieren sich. Spätestens in der Jugendgruppe wird ausgesprochen: Du kannst dich nicht gehen lassen, du kannst deinen Emotionen nicht freien Lauf lassen. Deine Freiheit hört auf, wo der Mitmensch eingeschränkt wird.

Heute kann man es gut benennen und sagt, dass es eine Frustrationstoleranz braucht. Der Mensch „muss“ lernen, seine innere Energie in den Griff zu bekommen, zu steuern. Den guten Umgang damit nennt man dann „Sozialkompetenz“. Jede christliche Pfarrgemeinde ist ein Übungsfeld dafür. Das Miteinander von Jung und Alt; das Helfen, auch wenn die eigene Freizeit weniger wird; das Bemühen um einen freundlichen Umgangston.

Ohne Einübung kein Ergebnis. Wenn es im Leben hart auf hart kommt; wenn Fehler gemacht werden, wenn „man aus der Haut fahren möchte“, dann bewährt sich das Eingeübte. Dann ist innere Kraft da. Sie hat aber eine Quelle, die nicht menschengemacht ist. Sie hat Gott als Kern. Dieser Glaube hält mir die Hand zurück, wenn ich zuschlagen möchte. Diese Gewissheit des Glaubens streckt meine Hand aus, wenn jemand Hilfe braucht.

Wenn ich in der Zeitung lese: „Mann erschlägt Frau aus Eifersucht; Ex-Partner bedroht Familie; Familie verklagt sich gegenseitig wegen Erbe“, dann kommen mir die Jungscharstunden in den Sinn. Innerlich danke ich den vielen Ehrenamtlichen, die sich mühen mit Kindern und Jugendlichen christliche Lösungen für Konflikte zu entwerfen und die ihnen beibringen, die Frustrationstoleranz höher zu schrauben. Alleine und aus eigener Kraft ist das nicht zu schaffen. Ohne die Hilfe von oben geht das nicht. Darum gehört zum Spiel in der Gruppe auch der Kirchgang.

Pfarrer Martin Rupprecht

Soll mein Kind mit zur Beerdigung?

Viele Eltern glauben nicht an Gott und besuchen die Kirche nur noch zu Hochzeiten oder Taufen. Zu Begräbnissen werden Kinder oft gar nicht mitgenommen. Zu traurig, alle in schwarz, viele weinen, Kindern wird da auch schnell fad, dann spielen sie am Friedhof rum, zappeln, sind lästig. Und die Eltern und Verwandten weinen zu sehen, sei nicht gut für die Kinder.

Ist das wirklich so?

Henny Lang, freie Journalistin und TV-Redakteurin, hat sich damit in einem Blog-Artikel auf meinefamilie.at auseinandergesetzt und zieht für sich und uns interessante Schlüsse.

Zum Artikel >

Was wir von Rapid-Fans für die Taufe lernen können

Kein Rapid-Fan würde seinem neugeborenem Kind violette Kleidung anziehen. Die Lieder der Fan-Gemeinde, das Grün-Weiß des Clubs, die Termine der Spiele: Das alles gehört zum Geist der Rapid-Familie. Bei verlorenen Spielen wird geweint, gewonnene Partien werden gefeiert. Klar erzählt man den Kindern von der Geschichte, vom Auf und Ab in der Saison, den Trainern …

Kein echter Fan würde seinem Kind sagen: Schau dir die Bundesliga an, dann entscheide dich. Nein. Echte Fans haben das Grün-Weiß im Kleiderschrank und die Kinder werden selbstverständlich zu jedem Rapid-Match mitgenommen.

Wieso sagen dann Eltern bei der kirchlichen Hochzeit: Das Kind wollen wir noch nicht taufen – es soll sich später selber entscheiden! Wie geht das? Ist die Botschaft Jesu Christi so öde? So beliebig? Heute dafür, morgen zu beschwerlich?

Entscheiden kann ich mich nur für etwas, was ich kennengelernt habe. Was ich praktisch erlebt habe. Und es fordert etwas ein. Wer nur bei Sonnenschein ins Stadion geht und bei Regen zu Hause bleibt, zeigt keinen Respekt den Spielern gegenüber. Diese haben Fans verdient, die auch in schwierigen Zeiten anfeuern.

Das gilt ebenso für den Weg im christlichen Glauben. Will ich diesen gehen, dann ist es nur logisch, meine Kinder mitzunehmen. Vor kurzem besuchte ich eine Frau zum 100. Geburtstag. Sie sagte: „Am meisten bin ich meinen Eltern dankbar, dass sie mich im christlichen Glauben erzogen haben. So habe ich all das Auf und Ab des letzten Jahrhunderts bestanden.“

Pfarrer Martin Rupprecht, September 2022

 

Treffen mit Patriarch Bartholomäus

Liebe Gemeinde!

Die Zeit meines Urlaubs in Istanbul kann ich für verschiedene Gespräche nutzen. Ein besonderer Anlass war ein Treffen mit dem ökumenischen Patriarchen Bartholomäus I. Das Gespräch unter vier Augen hatte Prälat Dr. Nikolaus Wyrwoll arrangiert, der ein Studienkollege des Patriarchen ist.

Als Islam-Berater von Kardinal Dr. Christoph Schönborn erbat ich mir den Rat des Patriarchen für unsere Bemühungen in der christlich-muslimischen Verständigung. Da ich Patriarch Bartholomäus ebenfalls schon 35 Jahre kennen darf, war die Begegnung eine große Freude: Seine geistliche Persönlichkeit ist ein Licht für viele Völker!

Pfarrer Martin Rupprecht

Katholisches Begräbnis abgelehnt

Wir sind verwirrt. Die Verstorbenen waren katholisch. In sehr vielen Fällen hatten wir sogar die Krankensalbung gespendet. Einige Gläubige kannten wir persönlich aus den Gottesdiensten. Was ist passiert, dass ihnen ein christliches Begräbnis verweigert wird?

Im Pfarrhaus überlegen wir: Auch wenn die Angehörigen, die Kinder, nichts mit dem christlichen Glauben zu tun haben wollen, würde es dennoch zu den Wünschen des Verstorbenen gehören, mit den Gebeten des Glaubens begraben zu werden. Oder irren wir uns gar? Dem Toten die letzte Ehre erweisen, heißt doch, ihn in dem Ritus zu begraben, zu dem er zeitlebens gehört hat; auch wenn ich persönlich einer anderen Überzeugung folge.

Was uns bleibt: Wir beten für alle Verstorbenen. In jeder Hl. Messe denken wir an sie in der Überzeugung: „Deinen Gläubigen o Herr, wird das Leben gewandelt und nicht genommen.“

Pfarrer Martin Rupprecht

Das Wort Gottes als Nahrung für unsere Seele

Wenn Ihre Nachbarin heute bei Ihnen läuten und fragen würde: „Kannst du mir eine Bibel borgen?“, was wäre dann Ihre Antwort? Vielleicht „Ui, wo hab ich die denn überhaupt?“ Oder „Die war schon so alt und vergilbt, dass ich sie zum Flohmarkt gegeben habe.“ Oder: „Die steht seit Jahr und Tag im Bücherregal. Die muss ich zuerst abstauben, bevor ich sie ihr geben kann.“ Aber vielleicht wäre die Antwort ja eine ganz andere, wie z.B. „Du kannst meine Bibel für heute gerne haben, aber morgen hätte ich sie gern wieder, weil ich jeden Tag das Tagesevangelium lese.“ Oder „Ich habe mehrere Bibelübersetzungen, weil ich beim Lesen gerne vergleiche. Du kannst gerne eine davon haben.“ Oder „Schön, dass du in der Bibel lesen willst. Für mich sind die Worte der Heiligen Schrift auch ganz wichtig. Vielleicht wollen wir ja mal gemeinsam eine Stelle lesen und darüber reden!“

Jede und jeder von uns hat eine ganz eigene Beziehung zur Heiligen Schrift. Manche führen eine Wochenendbeziehung mit dem Wort Gottes und hören es nur am Sonntag im Gottesdienst, anderen ist es vertraut wie ein geliebter Mensch. Sie schöpfen Kraft und Bestärkung aus dem Meditieren der biblischen Worte.

Eine Gemeindeordnung aus der Zeit der ersten Christinnen und Christen berich­tet, dass sich Gläubige jeden Morgen, bevor sie zur Arbeit gingen, in den Häusern in kleinen Ge­meinschaften zum Hören des Wortes Gottes und zum Gebet zusammenfanden.

Das 2. Vatikanische Konzil bekräftigt, dass die Kirche das Wort Gottes immer so verehrt hat wie den Leib Christi selbst (vgl. Dei Verbum, Nr. 21). Nicht nur am Tisch des Brotes – also bei der Eucharistiefeier – werden wir satt. Auch am Tisch des Wortes, wo wir durch Christus in den Worten der Heiligen Schrift mit Gott in Beziehung treten. Wir „kommunizieren“ also nicht nur beim Empfang des Leibes Christi, sondern wir kommunizieren mit Gott im Hören, im Lesen der Heiligen Schrift und im Antworten darauf. So heißt es auch im Alten und im Neuen Testament: „Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.“

Kann ich mir das vorstellen, dass ich das Wort Gottes zum Leben brauche wie das tägliche Brot?

Bei meiner letzten Gesundenuntersuchung hat mich der Arzt eindringlich beschworen, täglich zu frühstücken. „Frau Wasserbauer, das Frühstück ist wichtig, um gut in den Tag zu starten, um ausreichend Nährstoffe und Vitamine aufzunehmen. Ihr Immunsystem wird stärker werden, wenn Sie wieder regelmäßiger frühstücken!“, so hat der Arzt zu mir gesagt. Was sagt wohl Jesus, der Arzt unserer Seele, wenn wir ihn fragen, was wir tun sollen, um geistlich gesund und heil zu werden? Ich bin sicher, er empfiehlt und das Wort Gottes als Medizin. In Joh 6,63 sagt er seinen Jünger*innen und uns: „Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben.“ Sie geben uns also Lebenskraft, Begeisterung, Trost, Stärkung. Die genaue Dosis, die Jesus jeder und jedem von uns verordnet, ist sicher sehr unterschiedlich. Da ist es gut, wenn wir in uns hineinhören, um wahrzunehmen, was für uns heilsam ist. Mir hilft das Lesen in der Bibel in der Früh, um gut in den Tag starten zu können, so wie mir der Arzt das tägliche Frühstück sehr geraten hat. Also lese ich das Evangelium vom Tag noch bevor ich aufstehe im Bett und versuche, mir einen Satz oder ein Wort, das mich stärkt, für den Tag mitzunehmen, um es dann tagsüber in Gedanken immer wieder zu wiederholen. Für andere ist das Tischgebet vor dem Mittagessen der Moment, um eine Bibelstelle vorzulesen und sich auch geistlich zu stärken. Wieder andere bevorzugen die Ruhe des Abends, um eine Bibelstelle zu meditieren. So verschieden wir Menschen sind, so unterschiedlich ist auch die Rezeptur. Was allen Christinnen und Christen gemeinsam ist: Um in Beziehung mit Gott leben zu können, brauchen wir das Wort Gottes. So wie es keinen Menschen gibt, der ohne Nahrung leben kann, so gibt es auch keinen Christen, der ohne Gottes Wort leben kann.

Simon Petrus hat das erkannt. Er sagt zu Jesus: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“ (Joh 6,68) Nirgends sonst wird unsere Seele so genährt wie durch das Wort Gottes. Vielleicht haben auch Sie das schon erfahren:

Haben Sie selber ein Lieblings-Bibelwort, das für Sie persönlich voller Geist und Leben ist, das Sie mit einer wichtigen Erfahrung verbinden?

Vielleicht eines, das Sie schon länger durch Ihr Leben begleitet und Sie im Alltag oder in Krisenzeiten immer wieder stärkt? Wenn es so eine Bibelstelle für Sie gibt, dann wiederholen Sie sie immer wieder in Gedanken! Die Wüstenväter haben vom „Wiederkäuen“ der Worte gesprochen. Wie eine Kuh die Nahrung immer wiederkäut und sich dadurch stärkt, so haben die Mönche während der Arbeit ein und denselben Satz aus der Bibel in Gedanken ständig wiederholt und daraus Nahrung für ihre Seele gewonnen.

Ich möchte Sie ermutigen, das auch zu versuchen. Wenn Sie einen Lieblingssatz in der Bibel haben, dann nehmen Sie ihn und wiederholen Sie ihn im Alltag. Wenn Sie noch keinen Bibelvers haben, der Ihnen Kraft und Trost gibt, dann werden Sie beim Lesen in der Bibel im Laufe der Zeit sicher auf so einen Satz stoßen.

Ich wünsche uns allen die Gewissheit, das Vertrauen und die Entschiedenheit des Petrus, aus tiefstem Herzen zu Gott sagen zu können „Du hast Worte des Lebens für mich!“.

Petra Wasserbauer

 

Die katholische Kirche in kritischem Zustand?

Pfarrer Martin Rupprecht war zu Gast bei Thomas Nasswetter. 

„2030 werden in Wien nur mehr 20 % Katholiken sein.“ Das schrieb der Journalist und Publizist Otto Friedrich vor wenigen Wochen in einem Leitartikel in „Die Furche“. Die neueste Veröffentlichung der Statistik Austria zum Thema Religionen in Österreich zeigt, dass nur mehr 55 % der Österreicher katholisch sind. Schon mehr als 22 % in diesem Land bekennen sich zu keiner Konfession. Wien ist hier mit 34 % Spitzenreiter. Pfarrer Martin nimmt Stellung.