Roman Temper, der aus unserer Pfarre stammt, wurde am 9. November 2024 zum Diakon geweiht. Aus diesem Anlass hat Pfarrer Martin ein Interview mit ihm geführt.
Wie kommt man auf die Idee, Diakon zu werden?
Die Frage nach meiner Berufung beschäftigt mich seit meiner Jugend. Wie kann ich meinen Auftrag als Christ leben? Da habe ich verschiedene Formen der Berufung „ausprobiert“. Dabei sind mir zwei Dinge bewusst geworden: Meinen christlichen Lebensauftrag erfülle ich am besten, indem ich für andere Menschen da bin und ich ihnen diene. Andererseits war der Wunsch nach einer eigenen Familie auch immer sehr stark. Somit war es jahrelang in Ordnung, mich als einfacher Gläubiger in der Kirche zu engagieren.
Die Berufung zum Diakon ist in mir immer lauter geworden. Doch die sakramentale Beauftragung, den Dienst an den Mitmenschen zu tun, ist noch einmal eine andere Kategorie. Die Würfel sind endgültig gefallen, als mir mein jetziger Pfarrer in Simmering während meiner intensiven Nachdenkphasen, ob ich auf dem richtigen Weg bin, gesagt hat, dass er sich mich als Diakon an seiner Seite sehr gut vorstellen kann. Das war für mich der entscheidende Fingerzeig Gottes.
Niemand wusste, welche Gedanken mich angetrieben haben und dann kommt jemand und spricht mich genau darauf an! Also habe ich den langen Ausbildungsweg zum ständigen Diakon beschritten, weil ich so mit einem Bein in der Kirche und mit dem anderen Bein in der Welt stehe. Diese verbindende Position ist es, die es mir ermöglicht, das Wort Gottes glaubwürdig in der Welt zu leben und somit zu verkünden.
Was hat Deine Frau dazu gesagt?
Sie war überrascht und hat anfangs damit nicht viel anfangen können. Es fehlte ihr an der Erfahrung, was das konkret für unser Familienleben bedeutet. Aber sie hat gesagt, dass sie diese von mir wohlüberlegte Entscheidung mittragen will. Sie hat mir in der Ausbildungszeit den Rücken frei gehalten und mich darin bestärkt, diesen Weg zu gehen. Mittlerweile sind wir beide überzeugt, dass wir als Team die Herausforderungen des diakonalen Dienstes erfüllen können: verbunden mit all den Aufgaben in der Pfarre, den familiären Verpflichtungen und den Herausforderungen im Zivilberuf.
Der Diakon verpflichtet sich auch zum Stundengebet. Wie schaffst Du das inmitten von Familie, Beruf und ehrenamtlichen Aufgaben?
Das Stundengebet ist mir seit meiner Jugend ein permanenter Begleiter. Natürlich schaffe ich es nicht, wie Mönche in einem Kloster alle Teile zu beten. Aber ich habe vor vielen Jahren einen Weg gefunden, trotzdem das Stundengebet mit einer Regelmäßigkeit nahezu täglich zu beten. Zumindest morgens und abends. Das geht auch deswegen, weil es eine Quelle der spirituellen Kraft ist. Ohne das tägliche Gebet würde ich viele Herausforderungen nicht schultern können. Einzig die Tatsache, dass ich das Gebet meistens alleine bete, stimmt mich nachdenklich. In Gemeinschaft ist es weit mehr Kraftquelle. Glücklicherweise weiß ich mich aber in die Gemeinschaft der Weltkirche eingebunden. Somit betet man das Stundengebet eigentlich nie alleine, weil irgendwo auf dieser Welt immer jemand mitbetet.
Als kirchliche Person sollen wir uns von der Tagespolitik fernhalten. Ist das ein Konflikt für Dich?
Nein. Natürlich gibt es politische Themen, wo ich nicht wegschauen möchte. Wenn man sieht, wie die Probleme in Gesundheitswesen, Altersversorgung und Pflege, die Bekämpfung der Armut und die Flüchtlingsbetreuung und -integration nicht weniger werden, möchte ich schon auch mal aufstehen und meine Meinung kundtun. Aber ich habe gelernt, dass das Äußern der eigenen Meinung nicht so wichtig ist wie das aktive Helfen in jenen Situationen, wo es anderen Menschen nicht so gut geht.
In Österreich, in ganz Europa geht die Zahl der Christen zurück. Hast Du einen psychologischen Trick, um nicht negativ zu denken?
Wir waren dieses Jahr auf Pilgerfahrt in Rom. Das ist ein Bestandteil der Diakonenausbildung. Dort habe ich erlebt, was Weltkirche bedeutet. Ja, hier bei uns werden wir immer weniger. Aber in anderen Teilen der Welt wächst die Kirche. Ich bin daher davon überzeugt, dass sich unsere Kirche in Europa in den kommenden Jahren stark verändern wird (müssen). Aber sie wird nicht weniger oder kleiner, wenn ich den globalen Blick auf sie werfe. Bei all den Entwicklungen der letzten 2.000 Jahre hat die Kirche alle Höhen und Tiefen bislang gut überstanden. Ich bin daher davon überzeugt, dass sie es auch in der kommenden Zeit tun wird. Wir dürfen nicht vergessen, dass es der HERR ist, der unsere Kirche leitet und begleitet. Was kann da noch schiefgehen?
Welche positiven Entwicklungen siehst Du in unserer Gesellschaft?
Bei all den Krisen und Problemen sehe ich viele Bereiche, die sich positiv entwickeln. Beispielsweise das Thema Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein, oder die Bildungsgerechtigkeit. Das Bewusstsein um soziale Inklusion wächst immer mehr. Die soziale Sicherheit ist auf einem hohen Niveau. Und die Unwetter letzten September haben gezeigt, dass ehrenamtliches Engagement und Solidarität in Österreich keine Fremdwörter sind. Natürlich darf man nicht vergessen, dass es auch Schwierigkeiten gibt. Die gilt es anzupacken. Ich habe aber den Eindruck, dass wir als Gesellschaft ganz gut unterwegs sind.
Roman ist ein Pfarrkind von St. Anton/Pouthongasse. Sein Beruf ist Bankrevisor. Privat ist er Familienvater und vielfach in seiner jetzigen Wohnpfarre im 11. Bezirk tätig, aber auch noch immer für unsere Pfarre aktiv: Er betreut beispielsweise die Webauftritte von unserer Pfarre und von Pfarrer Martins Stiftung als Webmaster.