Christus ist ein König?

Dr. Hans PockMit dieser Frage beschäftigte sich Dr. Johann Pock in seiner Predigt in Schönbrunn-Vorpark am Christkönigssonntag, 24.11.2024. Am letzten Sonntag im Jahreskreis feiern wir das „Hochfest unseres Herrn Jesus Christus, des Königs des Weltalls“. Papst Pius XI. hat es 1925 zur 1600-Jahr-Feier des Konzils von Nicäa eingeführt. Dieses Fest scheint heute ein wenig aus der Zeit gefallen. Mit Königen haben wir heute nur noch selten zu tun, und wenn, verbinden wir mit ihnen Macht. Welche Art von König war dann aber Jesus?


Ich muss zugeben, dass ich mir mit Bild des “Königs” für Jesus etwas schwertue.

Jesus ist der Rabbi; er ist der Sohn des Zimmermanns. Jesus steht auf Einfachheit – aber ein König? 

Könige waren in unserer Welt immer Menschen mit viel Macht; sie wollen ihre Reiche ständig vergrößern. Oder es sind Könige wie heute noch in England oder anderswo: Die nur mehr repräsentieren; die für die Klatschspalten der Zeitungen herhalten müssen; die praktisch mit viel Geld und wenig Macht in einem Museum wohnen.

Zur Zeit Jesu war das ein wenig anders: Im Judentum zur Zeit Jesu verband man mit König alte Zeiten, als unter David und Salomo ein Königreich Israel entstand; als das kleine Volk ein mächtiges Reich war. Und sie setzten die Hoffnung in diesen Jesus, dass er nun der neue König der Juden werden könnte; dass er die fremden Herren, die Römer, aus dem Land jagen sollte. Drei Aspekte möchte ich benennen, die ich vom heutigen Fest bzw. von den heutigen Schriftstellen lerne:

  • Das erste: Jesus ist ein König, der für die Seinen stirbt. D.h. Jesus gibt vor Pilatus selbst zu: Ja, ich bin ein König!

Pilatus bringt das Thema auf den Tisch: Bist du ein König? Er sagt dies zum Gefangenen – und er macht sich lustig über ihn. Du willst ein König sein? Und Jesus gibt das erstaunlicherweise zu: Er ist ein König – aber er entspricht keinem der damaligen oder der heutigen Klischees. Sein Königtum ist nämlich nicht von hier. D.h. er herrscht nicht nach irdischen Maß staben, sondern nach göttlichen; seine Macht wird ihm nicht von irgendeinem Menschen verliehen, sondern von Gott selbst. Sie ist auch nicht zeitlich begrenzt, sondern ewig. Wenn Jesus sich hier als König bezeichnet, dann versteht er darunter etwas anderes: Er sieht den König als den Hirten seines Volkes; als den, der seine Macht dafür einsetzt, gerade den Verlorenen nachzugehen; als den, der sich nicht bedienen lässt, sondern selbst dient.

Seine Macht erweist sich auch in der Ohnmacht des Kreuzes: Die Dornenkrone, die ihm zum Spott aufgesetzt wird, wird zum Zeichen: Er ist König, aber einer, der mitleiden kann; einer, der sogar sein Leben für die Seinen hingibt.

Damit aber wirft er die menschliche Vorstellung von Macht und Herrschaft über den Haufen: Nicht mehr auf Kosten der anderen groß zu werden, sondern im Dienen groß zu sein; nicht mehr andere für sich und das eigene Machtstreben sterben lassen, sondern selber sein Leben für seine Freunde opfern.

  • Das zweite: Er stellt sich und sein Königtum in den Dienst dessen, der ihn gesandt hat. Denn er ist dazu Mensch geworden, den Menschen ein neues Gottesbild zu zeigen:

Er sagt selbst zu Pilatus: Er ist gekommen, um von der Wahrheit Zeugnis abzulegen. Die Wahrheit liegt für ihn nicht in einem Gedankenexperiment; nicht in einer philosophischen Abhandlung – sondern im Tun der Liebe. Indem er sich für die Seinen hingibt, zeigt sich die Wahrheit; indem er die Kleinen groß macht, zeigt sich die Wahrheit. Die Wahrheit ist bei ihm nicht ein Lehrsatz, sondern Wahrheit kann sich nur im eigenen Leben erweisen – und deshalb antwortet er auch nicht auf die Frage des Pilatus: Was ist Wahrheit? – Denn die Frage müsste lauten: Wer ist die Wahrheit – und diese Wahrheit ist Jesus und ist Gott selbst. Und diese Wahrheit heißt: Gott ist die Liebe.

  • Ein drittes: Der König, der einst am Richterthron über uns richten wird – er ist derselbe, der sich in der Krippe ganz klein macht und Mensch wird.

Wir feiern Christkönigssonntag, eine Woche vor Adventbeginn. Heute blicken wir auf den König, auf den Menschensohn, der als Richter und Herrscher auf den Wolken dereinst wiederkommen wird – so beschreiben es die Bilder der Bibel. – Die folgenden Wochen sprechen dann auch von dem König, der verheißen ist; vom Davidssohn, der kommen wird.

Vor dem Hintergrund des heutigen Sonntags kann ich dieses Kind in der Krippe nicht mehr verniedlichen: Denn auch dieses Kind ist Alpha und Omega; ist Anfang und Ende der Geschichte und daher auch meines Lebens.

Vorbereitung auf Weihnachten ist damit immer auch Vorbereitung auf diese Begegnung mit dem König. Und die Frage nach der Wahrheit ist eine Frage, die sich mir da immer stellt: “Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.” – Natürlich möchte ich einer sein, der aus der Wahrheit ist; der Jesu Stimme hört – aber wie geht das? Jesus selber sagt: Ich habe öffentlich gesprochen; ich habe mit meinem Leben Zeugnis abgelegt von der Wahrheit. Er ist der Maßstab für mein Leben; er zeigt mir, dass es nicht um eine Verdammung von Macht geht, sondern darum, wie ich mit der Macht umgehe, die ich habe. Und er zeigt auch, dass Ohnmacht, Krankheit, Not oder Leid uns nicht von Gott trennen, sondern dass wir darin dem König am Kreuz sehr nahe sind.

Drei Aspekte, drei Gedanken für diesen Christkönigssonntag:

  • Christus ist ein König – aber ein König, der seine Macht in den Dienst der anderen stellt.
  • Christus ist die Wahrheit – und zeigt, dass Gottes Wahrheit lautet: Er ist die Liebe, die durch den Tod hindurch geht; ja, die stärker ist als der Tod.
  • Und Christus ist das Kind in der Krippe und der Weltenrichter in einer Person. Er fordert mich heraus, mein Leben an ihm auszurichten.

Johann Pock