Ein Wegweiser mit der Aufschrift "Fastenzeit - von Aschermittwoch bis Ostern"

2. Fastenimpuls – Übungsweg der Freude

Wie kann ich eine tiefere Freude erleben? Die Lesungen des 2. Fastensonntags deuten an, dass ein Perspektivenwechsel, ein neuer Blickwinkel auf das Leben helfen kann.

Dem kinderlosen Abraham verspricht Gott: „Sieh doch zum Himmel hinauf! So zahlreich wie die Sterne werden deine Nachkommen sein.“(Gen 15, 5)

In der 2. Lesung des 2. Fastensonntags wird vor einer irdischen Erlösungshoffnung gewarnt: „Unsere Heimat ist im Himmel. Von dorther erwarten wir auch Jesus Christus, den Herrn, als Retter!“ (Phil 3,20)

Im Evangelium führt Jesus seine drei Jünger auf den Berg. Dort oben sehen sie Jesus in strahlendem Licht. Dort oben hören sie die Aufforderung: „Dieser ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.“ (Lk 9, 28b–36)

Bei allen 3 Bibelstellen geht es also darum, sich neu auszurichten („nach oben“, „von oben her“), um mehr Freude zu erleben. So wie wir die Welt sehen, erleben wir sie auch. Wenn wir unsere Perspektive verändern, erfahren wir die Welt auch anders. Betrachte ich ein angsteinflößendes Ereignis z.B. mit zeitlicher oder räumlicher Distanz, hat es oft seinen Schrecken verloren. Mit Abstand betrachtet zeigt sich mehr als z.B. nur der Ausschnitt, der bedrohlich wirkt. Der erweiterte Blickwinkel gestattet uns außerdem, über unsere begrenzten und unmittelbaren Eigeninteressen hinauszublicken und auch die Ambitionen anderer Menschen zu berücksichtigen. Das ist in Konflikten sehr hilfreich.

Freude vertiefen ohne rosarote Brille

Es bringt immer einen Zugewinn an innerer Freiheit, wenn ich mehr sehe, mehr wahrnehme, mehr höre. Und mehr Freiheit bedeutet auch mehr Freude, denn wir Menschen sind für die Freiheit geschaffen. Wie der anglikanische Bischof Desmond Tutu sagt, der im Kampf gegen die Apartheid in Südafrika Versöhnung zwischen „Feinden“ ermöglicht hat, können wir durch einen Blick „von oben her“ alle als Kinder Gottes sehen und das, was für alle gut ist, weil wir die „Gottesperspektive“ einnehmen. Das vertieft unsere Freude, weil wir nicht mehr von „Feinden“ (als solche nehmen wir Menschen oft in Konflikten wahr), sondern von „Geschwistern“ umgeben sind.

Es geht nicht darum, dass wir die Augen vor der Realität verschließen, Schwierigkeiten schönreden oder die rosarote Brille aufsetzen. Wir sehen die Probleme, nehmen sie ernst, suchen aber einen neuen Blickwinkel drauf.

Papst Franziskus schreibt in der Einleitung zu „die Freude des Evangeliums“ (EG 6): „Es gibt Christen, deren Lebensart wie eine Fastenzeit ohne Ostern erscheint. Doch ich gebe zu, dass man die Freude nicht in allen Lebensabschnitten und -umständen, die manchmal sehr hart sind, in gleicher Weise erlebt. Sie passt sich an und verwandelt sich, und bleibt immer wenigstens wie ein Lichtstrahl, der aus der persönlichen Gewissheit hervorgeht, jenseits von allem grenzenlos geliebt zu sein.“

Zweite Übung

  • Denken Sie an ein Problem oder eine schwierige Situation, die sie bewältigen müssen.
  • Beschreiben Sie das Problem, als ob es das Problem einer anderen Person wäre. Verwenden Sie dabei Ihren Namen und nicht die Pronomen „ich“, „mich“ oder „mein“.
  • Stellen Sie sich das Problem aus einer Perspektive vor, die eine Woche, ein Jahr oder sogar ein Jahrzehnt in der Zukunft liegt. Wird das Problem oder Ereignis dann immer noch eine Wirkung auf Sie haben? Werden Sie sich überhaupt daran erinnern? Was werden Sie aus der Erfahrung gelernt haben?
  • Betrachten Sie Ihr Leben mit den Augen Gottes, also aus einer universalen Perspektive. Sehen Sie Ihre Ängste und Enttäuschungen aus dieser Sicht. Betrachten Sie nun alle Beteiligten als gleichwertige Menschen, die Liebe und Respekt verdienen. Fragen Sie dann, was dem Ganzen dient.